Zum Boykott der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft durch die EU-Kommission hat die Bundesregierung weiterhin keine gemeinsame Linie. „Ich halte nichts davon, EU-Räte der Regierungschefs oder Fachminister zu boykottieren“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) wird sich dem Boykott hingegen anschließen.
„Innerhalb der EU nicht mehr miteinander zu reden ist die schlechteste aller Lösungen“, so der Bundeskanzler am Dienstag. „Österreichische Ministerinnen und Minister werden daher auch weiterhin an Sitzungen und Treffen der EU-Ratspräsidentschaft teilnehmen“, so Nehammer. Das Statement gelte für alle ÖVP-Ministerinnen und -Minister, präzisierte eine Sprecherin des Kanzlers wenig später.
Allerdings, so Nehammer zuvor, müsse man Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban sehr wohl mit seiner „unabgestimmten Vorgangsweise konfrontieren, aber nicht die Ratspräsidentschaft boykottieren“.
Rauch schloss sich Boykott an, Gewessler nicht
Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hatte bereits angekündigt, dem Boykott zu folgen. Nicht boykottiert hat hingegen seine Parteikollegin Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag einen informellen Rat der EU-Energieminister unter ungarischem Ratsvorsitz in Budapest. Sie nahm an dem Treffen in der ungarischen Hauptstadt teil, wie aus Aufzeichnungen des EU-Rates hervorgeht.
Streit um Orbans „Friedensmission“
Stein des Anstoßes waren die Alleingänge Orbans in Sachen Urkaine-Politik gewesen. Orban hatte seine Reisen zu Russlands Machthaber Wladimir Putin sowie zum ukrainischen Präsidenten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „Friedensmission“ bezeichnet. Orban gilt als Anhänger Putins und hatte sich in der Vergangenheit auch wiederholt gegen EU-Sanktionen Richtung Russland ausgesprochen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagierte daraufhin mit einer Boykott-Entscheidung. Die deutsche Spitzenpolitikerin ließ ankündigen, dass an künftigen informellen Ministertreffen unter der Leitung der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft in Ungarn keine Kommissarinnen oder Kommissare, sondern nur ranghohe Beamte teilnehmen werden. Ungarn, das aktuell die Ratspräsidentschaft innehat, kritisiert die Entscheidung.
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