Bregenzer Festspiele

Präsident schimpft über „Entweder-oder“-Mentalität

Politik
17.07.2024 11:56

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Bregenzer Festspiele mit einer Brandrede eröffnet. Dabei mahnte er vor einer gesellschaftlichen Erschöpfung und einer Verrohung des gemeinschaftlichen Miteinanders. Das Staatsoberhaupt kritisierte eine „Entweder-oder“-Mentalität, die viele ermüde und „entnervt“.  

Van der Bellen sehe in der Eröffnung der Bregenzer Festspiele jedes Jahr eine wunderbare Gelegenheit, ein „bisschen unbequem“ zu werden. Gesagt, getan. Denn seiner Wahrnehmung nach regt ohnehin fast alles auf:

  • „Klima – regt auf und frustriert.“ 
  • „Politik – regt auf und frustriert.“
  • „Die EU – regt auf und frustriert.“
  • „Demokratie – regt auf und frustriert.“
  • „Sogar ein Sternchen oder ein Doppelpunkt – regen auf und frustrieren.“

Der Bundespräsident beobachte ein Bröckeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Liegt das einer sich breit machenden Müdigkeit? „Nein, Österreich ist nicht müde! So sind wir nämlich nicht“, fuhr Van der Bellen fort.

Van der Bellen fordert mehr Gelassenheit für weniger Frust. (Bild: APA/DIETMAR STIPLOVSEK)
Van der Bellen fordert mehr Gelassenheit für weniger Frust.

Van der Bellen: Art und Weise ermüdet
Demokratie, Frieden, Freiheit, Sicherheit, Klima, Heimat und Europa würden noch immer interessieren. Was müde mache, sei die Art und Weise, wie darüber gesprochen wird – eben „endgenervt“.

Van der Bellen kritisierte ständige Verkürzungen: „Die Welt, über die wir öffentlich sprechen, ist ganz einfach. Sie ist blitzschnell erklärt. Sie ist eindeutig. Etwas ist entweder schwarz oder weiß, groß oder klein, oben oder unten, gut oder böse.“

Ärger über „Entweder-oder“-Mentalität
Der Bundespräsident schimpfte über diese „Entweder-oder“-Mentalität. Entweder Klimaterrorist oder Luftverpester. Entweder Wutbürger oder Gutmensch. Entweder Schwurbler oder Schlafschaf. Entweder Freund oder Feind. „Schublade auf – hinein damit – Schublade zu. Praktisch! Aber gefährlich“, gab der 80-Jährige zu bedenken. Dieses Prinzip spalte Menschen.

Diese Schubladen würden häufig beschriftet werden. Da heiße es dann „die Medien, die Eliten oder das System“. Die Realität sei aber einfach viel komplizierter: „In welche Schublade kommt denn bei Ihnen zum Beispiel jemand, der eigene Biogurken erntet und ein Schweineschnitzel dazu isst? Oder eine Person, die täglich in die Arbeit radelt und im Sommer mit dem alten VW-Bus durch Italien fährt? Wie sieht es mit jemandem aus, der Mustafa heißt und im harten Tiroler Dialekt redet?“

Präsident sieht spaltende Kräfte am Werk
Ein echtes, differenziertes Gespräch verlange Zeit und Mühe. Aber Zeit sei zu knapp und Mühe zu mühsam. Van der Bellen frage sich in letzter Zeit: Wo ist unsere Gelassenheit geblieben? „Wir Menschen sind doch nicht Entweder-oder! Wir sind alles, was dazwischen ist.“

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Spaltung ist ein Gift.

(Bild: HBF/Karlovits)

Alexander Van der Bellen

Leider gebe es Kräfte, die „unsere wunderbare, österreichische Widersprüchlichkeit nicht als Brücke zueinander nutzen, sondern als Instrument der Spaltung“. Das könne laut dem 80-Jährigen aber nur funktionieren, wenn sich Menschen instrumentalisieren lassen: „Spielen Sie da nicht mit. Wir alle haben in der Hand, ob die Stimmung zwischen uns vertrauensvoll ist oder vergiftet. Und Spaltung ist ein Gift.“

Schubladen entrümpeln
Am Ende der Spirale warte immer nur eines: Gewalt! „Wie etwa am Samstag in den USA. Dafür darf kein Platz sein.“ Verachtung sei eben kein Wahlprogramm. Und Hass keine Lösung für Probleme. Van der Bellens abschließende Empfehlung: Schubladen entrümpeln. „Damit wir wieder normal miteinander reden können – über Klima, Politik, Demokratie.“

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