Saman Soltani durfte einst nicht in den Iran zurück. Nun darf die Neo-Wienerin für das IOC-Flüchtlingsteam bei Olympia starten.
Eine Nachricht riss Saman Soltani 2022 aus ihrem Leben. „Komm nicht zurück! Sie suchen nach dir!“ Gemeint waren die Sittenwächter im Iran, in deren Augen sie etwas Unverzeihliches getan hatte. Saman war zu einem Camp für Synchronschwimmen, das sie wie Kanu betrieben hatte, in Barcelona geflogen, hatte von sich Fotos ohne Hijab gepostet.
Ich hatte im Iran einen Job, ein Auto, ein gutes Leben. In einer Sekunde habe ich alles verloren.
Saman Soltani
Noch heute kommen der 28-Jährigen verständlicherweise Tränen, wenn sie an den Moment denkt. „Ich hatte im Iran einen Job, ein Auto, ein gutes Leben. In einer Sekunde habe ich alles verloren.“ In ihrer Not wandte sie sich an die einzige Person in Europa, die sie kannte, den in Wien lebenden Deutschen Uwe Schlokat, den sie auf dessen Iran-Reise kennengelernt hatte. Der zögerte nicht, ihr zu raten, zu ihm nach Wien zu kommen. „Ich hatte keine Wahl, also flog ich hierher.“ In eine neue Welt.
Depressionen und Albträume
Es war die richtige Entscheidung, wie sich spätestens mit Ausbruch der Unruhen im Iran, bei dem auch drei von Samans Freunden getötet wurden, herausstellte. Sie litt an Depressionen, hatte jede Nacht Albträume. Nach einiger Zeit begann sie wieder mit dem Kanu-Sprint, um auf andere Gedanken zu kommen, nahm an einem Mixed-Bewerb teil. Eine neue Erfahrung, da ein solcher im Iran verboten ist. Der Sport, in dem sie Silber bei den U23-Asienspielen gewonnen hatte, half Saman, wieder Fuß zu fassen. Österreichs Kanuverband und ihr Verein PSV Wien waren eine ebenso gewaltige Hilfe wie Uwe Schlokat, bei dem sie noch immer wohnt.
„Im Herzen gehört sie zu uns“
Sie durfte bei den Staatsmeisterschaften 2023 starten, gewann die 1000 Meter. Als die Nachricht kam, dass sie für das Flüchtlingsteam des IOC ausgewählt wurde, sprang sie vor Freude auf und ab. Dafür hatte sich auch das ÖOC stark eingesetzt. „Es war uns ein großes Anliegen, Saman zu unterstützen“, erklärt Chef de Mission Christoph Sieber. Und Präsident Karl Stoss meint: „Auch wenn Saman für das Flüchtlingsteam startet, im Herzen gehört sie zu uns.“
Ticket als Erinnerung
Soltanis Traum ist, mit ihrer Geschichte möglichst viele Menschen in aller Welt zu inspirieren und künftig an weiteren Olympischen Spielen teilzunehmen. Dann offiziell für Österreich, wohin sie einst ein Flugticket aus Barcelona führte. Das hat sie übrigens aufbewahrt.
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