Seit einigen Jahren arbeitet ein Team im Bundeskriminalamt mit einer App, die geografische Rückschlüsse auf mögliche Täter gibt. Nun wurde das Büro für seine bahnbrechenden Ermittlungen in den USA ausgezeichnet.
Hoch konzentriert stecken zwei Ermittler ihre Köpfe über einem Monitor zusammen. Auf dem Bildschirm studieren sie Karten, auf denen verzeichnet ist, wo ein Serienmörder zugeschlagen hat. Auf einmal kommt die zündende Idee: Eine bestimmte Straße ist es, die der Killer regelmäßig für die blutigen Streifzüge verwendet.
Es ist nur eine Szene aus der beliebten TV-Serie „Criminal Minds“, bei der US-Profiler anhand der Psyche des Täters Profile erstellen und ihm mithilfe von geografischen Daten auf die Schliche kommen. Auch wenn glücklicherweise nicht allzu viele Serienmörder in Österreich ihr Unwesen treiben, sind die Szenen nicht so unrealistisch, wie man anfangs glauben möchte.
Ermittler aus unterschiedlichsten Berufssparten
Denn neben der Kriminalpsychologie gibt es seit 2017 in der Abteilung 4 des Bundeskriminalamtes (Kriminalanalyse) in Wien auch das sogenannte Büro 4.5. Sieben Ermittler, zusammengewürfelt aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie etwa Polizei, Psychologie, Geschichte, Kartografie und sogar von der Post, brüten dort über jenen Fragen, die ihre Polizeikollegen und Kriminalisten tagtäglich auf der Straße beschäftigen.
Etwa: Wo häufen sich Einbrüche, mögliche Bandendelikte oder auch Überfälle? Gibt es weitere Taten, die ähnlich sind und die Bestandteil einer Serie an Verbrechen sein könnten? Häufen sich gewisse Delikte in bestimmten Regionen des Landes?
Bei automatischer Erkennung von Serien durch den Vergleich ähnlicher Parameter und der frühzeitigen Identifizierung von Kriminalitäts-Hotspots kann KI in Zukunft auch hilfreich sein.
Paul Marouschek, stv. Direktor des Bundeskriminalamtes
Kriminalitätsatlas ist auf jedem Polizistenhandy
Um auf diese Fragen eine Antwort geben zu können, wurde Anfang 2022 der Kriminalitätsatlas aus der Taufe gehoben. Es handelt sich dabei um eine simple App, die jedem Uniformierten rund um die Uhr zur Verfügung steht. Egal, ob irgendwo in Österreich eine Handtasche gestohlen oder jemand mit einem Messer verletzt wird – die Daten werden über die Polizeiinspektionen direkt ins System der App eingespeist.
Autoeinbrecher in der Donaustadt wohl Serientäter
Beim Besuch der „Krone“ im Büro 4.5 zeigte die App etwa 52 Autoeinbrüche innerhalb eines Tages in der Wiener Donaustadt an. Da sich fast alle an einer Straße ereigneten, gehen die Experten von einer mutmaßlichen Serie aus. Ein weiteres Beispiel: Als ein Brandstifter die Polizei in Atem hielt, schaffte es die Abteilung via geografischer Anhaltspunkte den Arbeitsweg des Verdächtigen zu rekonstruieren. Tage später gelang es, ihn mit montierten Kameras zu überführen.
Österreich gehört im Geoprofiling zur Weltspitze
Nun wurde die erfolgreiche Arbeit des Büros 4.5 mit einem besonderen Preis gewürdigt. Das Team des Bundeskriminalamtes nahm am Mittwochabend (Ortszeit) den internationalen „Gis Award“ im kalifornischen San Diego entgegen. Und setzte sich damit weltweit gegen jegliche Konkurrenz an Ämtern und Behörden durch. Ein Beweis dafür, dass Österreich beim geografischen Profiling zur absoluten Weltspitze gehört.
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