„Freischütz“-Premiere

Wie man in Bregenz Gespenster umarmt

Kritik
18.07.2024 15:16

Licht- und Geräuscheffekte zuhauf, Eingriffe in Text und Musik, dabei großartige Sänger: „Der Freischütz“ ging in Bregenz in einer winterlichen Landschaft über die Seebühne!

(Bild: kmm)

Nicht „Birkenlaub“, das „flüstert“, nicht „Nachtigall und Grille“. Nein, dieser „Freischütz“ spielt nicht im Wald, sondern in einem sehr unwirtlichen Dorf im Winter. Alles ist hier grauslich hier, und der Teufel Samiel (Moritz von Treuenfels) ist als Drahtzieher der Handlung durchwegs präsent, erläutert all sein Eingreifen und übernimmt sogar fallweise in den Arien die Texte, so in der großen Szene der Agathe. Regisseur Philipp Stölzl will „diese Gespenstergeschichte umarmen“, lässt aber nach all dem Spuk aus Licht, Qualm, unheimlichen Geräuschen und ständigem Soundtrack – teils sogar in den Arien – doch den erlösenden Schluss zu, indem Agathe und Max ein Paar werden, was die Partitur Carl Maria von Webers auch so vorsieht.

Webers vielgeliebte Oper ist ansonsten merklich verkürzt, die Texte sind verändert. Soweit, dass Ännchen (Katharina Ruckgaber) ihre Arie vom „schlanken Burschen“ an eine „schlanke Maid“ singt und sich dabei mit leicht bekleideten Mädchen im Wasser tummelt. In dieses Wasser, das so etwas wie einen Dorfteich darstellt und Teil des Bühnenbilds ist, müssen alle, auch Kaspar (Christoph Fischesser), wenn er zusammen mit Max in der Wolfsschlucht die Freikugeln gießt, die die Braut Agathe dem teuflischen Plan nach töten soll.

Applaus für das Ensemble nach der Premiere (Bild: Mathis Fotografie)
Applaus für das Ensemble nach der Premiere
Teufel Samiel (Moritz von Treuenfels) ist als Drahtzieher der Handlung präsent, übernimmt fallweise in den Arien die Texte  (Bild: APA/DIETMAR STIPLOVSEK / APA / picturedesk.com)
Teufel Samiel (Moritz von Treuenfels) ist als Drahtzieher der Handlung präsent, übernimmt fallweise in den Arien die Texte 
Spektakuläres Bühnenbild im Bodensee (Bild: APA/DIETMAR STIPLOVSEK / APA / picturedesk.com)
Spektakuläres Bühnenbild im Bodensee

In dieser Szene, die in der gesamten Dramaturgie von Webers Original den Kulminationspunkt darstellt, offenbart sich jedoch die Schwäche der Regie Stölzls. Von Anfang bis Ende dieses Abends erlebt das Publikum schon derart viel Unheimliches, also Regiegags, dass sich nun nichts mehr steigern kann und diese Szene nicht spannend, sondern leider ermüdend wirkt. Uneingeschränkt glücklich machen aber die Sänger, und das ohne Ausnahme. Neben den schon Genannten gebührt ein großes Lob Nikola Hillebrand als Agathe mit ihrem klaren Sopran sowie Mauro Peter als Max, der so differenziert gestaltet, als sänge er ein Schubertlied. Enrique Mazzola dirigiert die klangschönen Wiener Symphoniker, ebenso den fabelhaften Prager Philharmonischen Chor, mit frischem Zugriff.

Anna Mika

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