Urteil in Prozess

Richterin: „Herr Boateng ist kein Frauenschläger!“

Oberösterreich
19.07.2024 11:25

Dieser Schuldspruch gleicht fast einem Freispruch. Mit den Worten „damit ist die Sache nach sechs Jahren erledigt“ schloss Richterin Susanne Hemmerich das Verfahren gegen Jerome Boateng. Zuvor folgte ein wohl „salomonisches Urteil“. Der LASK-Star erhielt eine Verwarnung, muss aber 100.000 € spenden.

München, Nymphenburger Straße 16, Landgericht, Saal 101. Dort, wo 2014 der Korruptionsprozess gegen Ex-Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone gegen eine Zahlung von 100 Millionen Dollar eingestellt worden war, kam es nun auch im Sudel-Prozess um Jerome Boateng zu einem aus vielen Gründen interessanten Richterspruch.

Der LASK-Star wurde zwar ausdrücklich nicht wegen fahrlässiger, sondern wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt, erhielt aber trotzdem „nur“ eine Verwarnung. In Form von 40 Tagessätzen zu je 5000 Euro – und damit von insgesamt 200.000 Euro. Die jedoch nur zu bezahlen sind, wenn der 35-Jährige binnen einem Jahr gegen die Bewährungsfrist verstoßen würde. Dazu muss Boateng 2 x 50.000 Euro an eine Jugendeinrichtung bzw. an ein Kinderkrankenhaus spenden.

Das wohl wichtigste für den Spieler und den LASK aber: Die Richterin betonte in ihrer knapp einstündigen Urteilsbegründung sogar zweimal, dass „Herr Boateng kein Frauenschläger“ ist.

Boateng bei der Urteilsverkündung in München (Bild: AFP/MICHAELA STACHE)
Boateng bei der Urteilsverkündung in München

„Sieg“ für Boateng und LASK
Und das, obwohl er in der Gewalt-Causa aus dem Jahr 2018, die sich um schwere Körperverletzung gegen Sherin S., der Mutter von Boatengs Zwillingen, gedreht hatte, zweimal verurteilt wurde – wenn auch beide Urteile nie rechtskräftig geworden waren.

  • 2021 wurde der damals noch beim FC Bayern unter Vertrag stehende Skandal-Profi zu 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro verdonnert. Wobei die 1,8-Millionen-Euro-Strafe nie Rechtsgültigkeit erlangt hat.
  • Gleiches galt für die 2022 ausgesprochenen 120 Tagessätze zu je 10.000 Euro (Boateng stand damals bei Lyon unter Vertrag). Der gesamte Prozess musste wegen eines Formalfehlers neu aufgerollt werden.

Wie passt dann aber dazu, dass Boateng im dritten Verfahren nur „verwarnt“ worden ist? Auch das begründete die Richterin mehrmals –  nämlich mit der langen Verfahrensdauer. So hatte der zu den Prozessen führende Streit in einem Karibik-Urlaub 2018 und damit am Tag genau sechs Jahre vor dem jüngsten Urteil seinen Ausgang genommen.

Viele Behauptungen unglaubwürdig
Auch hätten sich viele Aussagen von Nebenklägerin Sherin S. bzw. auch jene von Zeugen als schwer nachvollziehbar bzw. völlig falsch erwiesen. Weshalb Boatengs Sprecher der Mutter von Boatengs Kindern sogar „Rufmord“ vorwirft.

Doch auch Boatengs Behauptungen erschienen der erfahrenen Richterin nicht immer wirklich nachvollziehbar. Sie sah es als erwiesen an, dass der Fußballer im Zuge des mit dem Streit verbundenen Ausrasters Sherin S. mit der Faust oder mit der Handkante bzw. mit dem Handballen ins Gesicht geschlagen habe.

Kein Freispruch möglich
Damit war für den Spieler auch kein von seinem Anwalt geforderter Freispruch möglich. Trotzdem fühlt sich der Gerichtsspruch so an, zumal ja die Staatsanwaltschaft für Boateng erneut eine Millionen-Strafe gefordert hatte. Exakt 160 Tagessätze zu 7000 Euro! Nun hat sie eine Woche Zeit, gegen das Urteil zu berufen. Gestern sickerte aber durch, dass es mehr als fraglich sei, ob sie Revision einlegen werde. Was ebenfalls mit der bereits mehr als langen Verfahrensdauer von sechs Jahren begründet wird.

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