Im Südbahnmuseum

Kleines Buch erzählt von der großen Vertreibung

Steiermark
20.07.2024 14:00

Teil 3 der „Krone“-Serie zu den Schätzen der steirischen Regionalmuseen: Im Südbahnmuseum in Mürzzuschlag erzählt ein Kursbuch der Eisenbahn von massenhaften Deportationen während der NS-Zeit. 

Eigentlich ist es eine gloriose Ingenieurleistung, von der das Südbahnmuseum in Mürzzuschlag erzählt: 1854 ging die Südbahn über den Semmering in Betrieb – ein großer Schritt für die Wirtschaft der Monarchie und den beginnenden Tourismus. „Doch von Anfang an diente die Bahn auch militärstrategischen Zielen“, weiß Museumsleiterin Kerstin Ogris. Immerhin war der Bau der Bahnstrecke dem Kriegsministerium zugeteilt.

Kursbuch erzählt von trauriger Effektivität
Traurige Effektivität erreichte die militärische Nutzung der Südbahn in der Nazi-Zeit: Davon erzählt ein „Kursbuch“ aus dem Jahr 1944, in dem alle regulären Zugverbindungen des NS-Reichs verzeichnet sind – darunter auch all jene, die für Kriegsgefangene und Deportationen eingeteilt waren: „Eine der Hauptrouten verlief über den Semmering. Die Nazis überließen nichts dem Zufall, alles war perfekt organisiert und wurde genau dokumentiert“, weiß Ogris.

Das Kursbuch für Gefangenenwagen (Bild: Thomas Caks)
Das Kursbuch für Gefangenenwagen

Von Dienstag bis Freitag standen derartige Transporte auf dem Plan: „In Mürzzuschlag gab es einen fahrplanmäßigen Halt von sechs bis zehn Minuten.“ Einige der Gefangenen wurden auch als Zwangsarbeiter in den Eisenbahn-Werkstätten in Mürzzuschlag eingesetzt. Für die meisten jedoch ging es nach dem kurzen Halt weiter – für allzu viele wohl in den sicheren Tod.

120.000 Kriegsgefangene über Semmering transportiert
„Insgesamt wurden rund 120.000 Kriegsgefangene über den Semmering transportiert“, weiß Ogris. Auch diesen Teil der Geschichte der Südbahn wollte man von Anfang an in diesem Museum erzählen, das 2004 eröffnet wurde und heuer seinen 20. Geburtstag feiert: „Deshalb wurde das Kursbuch bewusst von einem Antiquariat in Deutschland für das Museum angekauft.“ Es dokumentiert, wie gezielt und gut organisiert die Nazis die Vernichtung ihrer Gegner betrieben.

Kerstin Ogris (re.) leitet das Südbahnmuseum (Bild: Krone/Wagner)
Kerstin Ogris (re.) leitet das Südbahnmuseum

Aktuell ist das Kursbuch im Grazer Volkskundemuseum als Teil der Ausstellung „Wer bist du: Steiermark?“ über die Schätze der steirischen Regionalmuseen zu sehen. Ein Besuch im Südbahnmuseum lohnt sich aber jederzeit – am 27. Juli wird dort übrigens auch ein neuer Ausstellungsbereich eröffnet.

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