Im steirischen Flavia Solva, wo bedeutende römerzeitliche Funde gemacht wurden, haben unbekannte Täter 22 Löcher in einem wissenschaftlichen Ausgrabungsfeld hinterlassen. Sie haben damit nicht nur ein Denkmal zerstört: Laut Barbara Porod vom Universalmuseum Joanneum könnten auch historische Fundstücke gestohlen worden sein.
Seit 9. Juli läuft eine Lehrgrabung der Universität Graz, die vom Universalmuseum Joanneum durchgeführt wird, am Gelände in Flavia Solva (Gemeinde Wagna). Am Donnerstag gegen 15 Uhr wurde das denkmalgeschützte Grabungsfeld von den rund zehn an der Forschung beteiligten Personen verlassen. Als sie am Freitag gegen 6.30 Uhr wieder weitergraben wollten, entdeckten sie die fast zwei Dutzend Löcher. „Das sind typische Löcher, wie sie von Sondengehern hinterlassen werden“, sagte Porod im Gespräch mit der APA.
„Zerstörung eines Denkmals“
Ob wirklich historische Stücke gestohlen wurden, ist unklar, sei aber denkbar. „Es handelt sich abgesehen davon um die Zerstörung eines Denkmals“, so die Chefkuratorin der Provinzialrömischen Sammlung und Antikenkabinett. Der Einsatz von diesen Metalldetektoren sei ebenfalls nicht auf dem Gelände gestattet. „Wir sind baff, wie dreist und schamlos hier vorgegangen wurde“, zeigte sie sich entsetzt.
Wir sind baff, wie dreist und schamlos hier vorgegangen wurde.
Barbara Porod
Bild: UMJ/J. J. Kucek
Marko Mele, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Universalmuseums und selbst Archäologe, zeigte sich ebenfalls erschüttert: „Moderne archäologische Grabungen ermöglichen es uns, weit in die Vergangenheit zu schauen und mehr über das Leben unserer Vorfahren zu erfahren. Das Areal von Flavia Solva dient dem Schutz des Kulturerbes, das noch in der Erde liegt, und ermöglicht es der archäologischen Forschung, neue Methoden zu entwickeln, um noch bessere Erkenntnisse über die Vergangenheit zu gewinnen.“
Unsachgemäße Eingriffe in den denkmalgeschützten Boden von Flavia Solva mit dem Ziel, die Neugierde zu befriedigen und sich möglicherweise auch noch zu bereichern, würden einen enormen Schaden verursachen. „Dass das während einer archäologischen Grabung passiert, ist einfach unfassbar und mit aller Deutlichkeit zu verurteilen.“
Flavia Solva in der südsteirischen Gemeinde Wagna (nahe Leibnitz) zählte zu den kultiviertesten Städten der römischen Provinz Noricum und ist heute ein bedeutender römerzeitlicher Fundplatz. Exponate aus über 140 Jahren archäologischer Forschung werden am Originalschauplatz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Flavia Solva wird vom Universalmuseum Joanneum verwaltet.
„Eine heftige Plünderung“
Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt sagte, dass derartige Fälle auf regulären Grabungen sehr selten, aber besonders „unverschämt“ seien. Immer wieder würden Sondengeher unautorisierte Grabungen machen und oftmals würden sie auch gefundene Dinge aus dem Zusammenhang reißen: „Informationen zur Geschichte gehen damit verloren“, unterstrich er. Eine „so heftige Plünderung“ habe er schon lange nicht mehr erlebt.
Die Landespolizeidirektion Steiermark bestätigte Freitagmittag, dass eine Anzeige eingebracht wurde. Die Ermittlungen laufen nun aber erst an. Porod zufolge wurde alles dokumentiert. Die Grabung wird indessen fortgesetzt und ist noch bis 1. August anberaumt.
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