Rund 70.000 Fans versammelten sich Samstagabend im Budapester Ferenc-Puskás-Stadion, um dem britischen Superstar Ed Sheeran zuzujubeln. Bevor er in knapp drei Wochen den Green Park von St. Pölten bespielt, bewies er vor den Augen der „Krone“, warum er zu den absoluten Superstars der Pop-Gegenwart zählt.
Unaufhörlich tingelt Ed Sheeran mit seiner ausgebreiteten „Mathematics-Tour“ quer über den Globus, um die vielen Fans auch in entlegenen Winkeln und ungewöhnlichen Orten zu begeistern. Diesen Sommer etwa macht er u.a. im tschechischen Hradec Králové, im litauischen Kaunas oder im zyprischen Larnaca Station – selbst auf die beliebte Surferinsel Teneriffa hat es ihn vor ein paar Wochen verschlagen. Es muss halt nicht immer London, Berlin oder Wien sein. Sheerans Auftritt Samstagabend im Budapester Ferenc-Puskás-Stadion gehört fast schon zu den gewöhnlicheren. Dementsprechend haben sich laut dem Künstler selbst auch rund 70.000 Fans für dieses Wochenend-Vergnügen versammelt. Dem Sprachengewirr im Stadion nach zu urteilen, aus aller Herren Länder. Zum Aufhängen des „Ausverkauft“-Schildes hat es trotzdem nicht ganz gereicht.
Überdimensioniert und bodenständig
Der 33-Jährige ist mit seiner natürlich-sympathischen Ausstrahlung und der bodenständigen Attitüde so etwas wie der absolute Anti-Popstar, was ihn in der Gunst seiner Fans nur noch weiter nach oben steigen lässt. Das opulente Bühnenbild der Tour, das er schon seit gut zwei Jahren über den Globus karrt, sagt das Gegenteil. Die Rundbühne inmitten des Stadions besteht aus sechs spitz zulaufenden Türmen mit überdimensionalen Plektren voller Videowalls. Auf den Seitenbühnen verstecken sich Sheerans Live-Musiker, die zwar nicht auf die große Bühne dürfen, vom Sänger im Laufe des Konzerts aber wenigstens namentlich vorgestellt werden. Ein eklatanter Unterschied etwa zu Jared Leto und seinen 30 Seconds To Mars – dort dienen die Begleitmusiker nur als lästige Staffage, die man irgendwo verräumt.
Nach gut zwei (von zumindest einmal drei) Jahren auf Tour schleicht sich natürlich eine gewisse Routine ein, die auch ein quirliger Wirbelwind wie Sheeran nicht immer verbergen kann. Gerade die Anfangssequenz mit „Castle On The Hill“, „Blow“, „Shivers“ und „The A Team“ wirkt fast ein bisschen lustlos heruntergespult. Die großen Bühnentürme blinken und glitzern, die Feuerwerksalven schießen grellbunt in den Himmel und das Bühnenfeuer heizt den Fans rund um Sheerans Rundbühne ein, nur der Künstler selbst wirkt ein bisschen neben den Schuhen. Vielleicht liegt es auch an den schwülen Temperaturen oder dem nachhallenden Schock, dass seine Engländer nach der Europameisterschaft in Deutschland schon wieder titellos geblieben sind. Nicht umsonst hat Ed seinen Tourplan diesen Sommer so gelegt, dass es ihm problemlos möglich war, jedes England-Spiel bis zum Finale persönlich zu besuchen.
Nostalgischer Geschichtenerzähler
Die anfängliche Indisponiertheit legt sich aber schnell und weicht einer plötzlich aufkommenden Motivation, wie man sie von Sheeran gewohnt ist. Das Reggae-durchzogene „Don’t/Nina“ und die mit Streichern verstärkte Ballade „Lego House“ gehen in die richtige Richtung und nach einer guten halben Stunde Stretching und Aufwärmprogramm beginnt der sich auf seiner drehenden Bühne ständig in Bewegung befindliche Musiker auch mit dem Geschichtenerzählen. Wie seine Loop Station funktioniert und wie er mit ihr von Pubs in London zum größten männlichen Popstar der Gegenwart mutierte. Wie schmerzhaft das Schreiben der Ballade „Eyes Closed“ war, die er vor knapp zweieinhalb Jahren in einer beispiellosen Leere nach dem viel zu frühen Tod seines besten Freundes schrieb, oder wie „Boat“ sein letztes Mathematik-Album „-„ einläutete, das in einem wahren Kreativsturm nach einem Monat geschrieben war.
Dazwischen Großartiges wie das bewusst in die Länge gezogene „Give Me Love“ oder der L’Amour-Hatscher „Dive“, der schon gefährlich am Rande der erträglichen Kitschgrenze schwimmt. Seit Sheerans erstem Auftritt in Wembley 2015 ist fast eine Dekade vergangen. Sah man früher noch einen schüchtern-pickeligen Halberwachsenen, wie er alleine ein ganzes Stadion bespaßte, hat der Bombastlevel heute in jeder Hinsicht zugenommen. Es gehört zur Besonderheit des Interpreten, dass er trotz seiner Stellung im Business eine derart unkomplizierte Zugänglichkeit vermittelt. Fans aus allen Generationen und ganze Familien schmachten inbrünstig mit. So gerne Sheeran sich auf das für ihn dünne Rock- und Modern-Pop-Eis bewegt, im Kern seines Schaffens reüssiert er als balladesker Faserschmeichler. „Happier“, „Thinking Out Loud“ oder „Photograph“ – es sind die langsamen Momente, die auf sein Publikum magisch wirken. Beim Andrücken des Gaspedals haben andere die Nase vorne.
Kirchlich-choral oder discoesk
Für einen gelungenen Konzertabend braucht es aber mehrere Stimmungsebenen und diverse Tempowechsel. Seinen Freund Calum Scott, der einen Teil der Tour im Vorprogramm spielt, entleiht Sheeran für ein gemeinsames Duett das fast schon kirchlich-chorale „You Are The Reason“, den für Justin Bieber geschriebenen Track „Love Yourself“ kriegt er auch sehr gut über die Runden. Gerade im letzten Konzertdrittel setzt Sheeran auf die Kernkompetenz Ballade, überschätzt dabei aber ein bisschen die Fähigkeiten seiner Fans. Den großen Wunsch, dass sie bei „Tenerife Sea“ mitsingen sollen, können sie ihm nicht erfüllen, umso lauter ertönt es aus den Kehlen natürlich bei „Perfect“ und „Afterglow“. Mit dem 80er-Disco-Kracher „Bad Habits“ entlässt Sheeran seine Fans nach 135 Minuten in den Budapester Nachthimmel. Eine Show der Superlative.
Live in St. Pölten
Am 14. August kommt Ed Sheeran auch endlich wieder zu uns nach Österreich. Er wird mit Calum Scott, Dasha und Co. ein Konzert im St. Pöltner Green Park geben. Auf die fulminante Rundbühne muss man leider verzichten, wohl aber nicht auf die großen Hits des 33-jährigen Briten. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten für das Konzerthighlight.
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