Corona im Abwasser

Welle steigt, Experte rät dringend zum Boostern

Österreich
21.07.2024 11:40

Der Molekularbiologe Ulrich Elling empfiehlt angesichts der in den vergangenen Wochen deutlich gestiegenen Corona-Abwasserwerte, mit den Booster-Impfungen nicht bis in den Winter hinein zu warten.

Denn der Anstieg sei ein bis zwei Monate früher erfolgt als im vergangenen Sommer, sagt er im aktuellen APA-Interview. Damit könnte eine zu erwartende steile Zunahme der Fälle (wie sie im Vorjahr im Spätherbst und vor allem im November/Dezember erfolgte) schon früher eintreten.

Anstieg schon im Juni
2023 verzeichnete man erst ab ca. August einen zunächst langsamen Anstieg der Abwasserdaten auf vergleichsweise niedrigem Niveau.

Heuer stiegen die Covid-Abwasserwerte nach der extrem hohen Winterwelle und einem sehr ruhigen Frühjahr bereits im Juni und nun Juli deutlich an. Auch liegen die Fallzahlen derzeit bereits auf deutlich höherem Niveau als im August des Vorjahres, wie der zuletzt am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätige Genetiker erinnerte.

Die Corona-Abwasserwerte steigen immer mehr an. (Bild: APA/dpa/Stephanie Pilick)
Die Corona-Abwasserwerte steigen immer mehr an.

„Wenn man das jetzt schon sieht, dass da so ein Potenzial ist, muss man davon ausgehen, dass die Welle früher kommt als im letzten Jahr.“ Daher müsse man beim Impfen auch früh ansetzen: „Da die Impfung ein paar Wochen braucht, bis sie wirkt, geht sich das meines Erachtens nicht aus, gemeinsam mit der Grippe zu impfen“, so Elling mit Blick darauf, dass die Grippesaison deutlich später beginnt.

Schlechte Durchimpfungsrate
Auch verwies er darauf, dass es in Österreich im Vorjahr eine schlechte Durchimpfungsrate gab – und er sieht keine Anzeichen dafür, dass die Politik Bestrebungen setzt, dem entgegenzuwirken. Auch mit Blick auf die Nationalratswahl im Herbst sei davon auszugehen, dass kaum jemand das Thema Impfen in die Hand nehmen werde, so Ellings Befürchtung.

„Man müsste das schon jetzt aufgesetzt haben“, sieht der Molekularbiologe die Notwendigkeit für eine Impfkampagne. Auch habe die Versorgung mit Covid-Impfungen im niedergelassenen Bereich schlecht funktioniert. Österreich hat dieses Jahr mehr als eine Million Impfdosen bestellt und empfiehlt die Impfung allen ab einem Alter von zwölf Jahren, besonders der Altersgruppe über 60. Das bedürfe einer entsprechenden Logistik in der Kommunikation und Verabreichung. Man müsste sich daher auch überlegen, wie man das dieses Jahr besser organisiert. Seitens des Gesundheitsministeriums hieß es zuletzt, dass die Impfungen wie zuletzt im niedergelassenen Bereich (bei den Ärzten) erfolgen sollen.

Ulrich Elling warnt davor, dass Corona in Kürze wieder schlimmer durchgreifen wird. (Bild: APA/EVA MANHART)
Ulrich Elling warnt davor, dass Corona in Kürze wieder schlimmer durchgreifen wird.

Neue Variante KP.3
Die Gründe für die nun früh erfolgte Zunahme der Covid-Fallzahlen sieht Elling einerseits darin begründet, dass die Immunität der Bevölkerung nachgelassen hat – einerseits wegen der geringen Impfrate, aber auch aufgrund der Tatsache, dass der Höhepunkt der letzten Welle (Dezember 2023) nun bereits mehr als sechs Monate zurückliegt. 2023 hingegen gab es auch eine Frühjahrswelle, und die Immunität der Bevölkerung ließ entsprechend später nach. Es habe sich schon sehr viel „Brennstoff“ angesammelt, im Sinne dessen, dass Immunität abgebaut wurde, so Elling. Es scheine sich ein „hohes Infektionspotenzial“ angesammelt zu haben.

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Da die Impfung ein paar Wochen braucht, bis sie wirkt, geht sich das meines Erachtens nicht aus, gemeinsam mit der Grippe zu impfen.

Experte Ulrich Elling

Der Experte verwies aber auch auf die neuen Varianten, die gegenüber den im Winter vorherrschenden XBB- und JN.1-Varianten einen Wachstumsvorteil haben. Nach den sogenannten FLiRT-Varianten (KP.1.1, KP.2) setzt sich international und auch in Österreich aktuell die JN.1-Tochtervariante KP.3 (und deren Tochtervarianten) durch (sogenannte FLuQE-Varianten, die gegenüber FLiRT noch einmal einen Wachstumsvorteil aufweisen). Möglicherweise könnte es nun bereits im Spätsommer zu einem hohen Plateau an Infektionen kommen und damit dann keine so hohe Spitze der Winterwelle entstehen wie vergangenen Dezember, so Elling – das sei aber hoch spekulativ und unsicher.

Nur Pfizer zu bekommen
Der Impfstoff, der vom Gesundheitsministerium bestellt wurde, ist vorerst ausschließlich jener des Herstellers Biontech-Pfizer (Comirnaty Omicron JN.1), der auf die JN.1-Variante abgestimmt ist.

Die US-Behörde FDA hat mittlerweile allerdings an die Hersteller den Rat gegeben, sie sollten – wenn möglich – die Impfstoffe auf den KP.2-Virenstamm anpassen. Ob ein solcher angepasster Impfstoff in Europa oder Österreich erhältlich sein wird, ist aktuell nicht abzuschätzen.

Auch wurde bisher neben dem mRNA-Impfstoff von Biontech seitens Österreich kein weiterer bestellt.

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