Tadej Pogacar ist und bleibt der beste Radfahrer der Gegenwart! Der Slowene gewann wenige Monate nach dem Giro d‘Italia auch die Tour de France überlegen – und in Frankreich mit erst 25 Jahren zum bereits dritten Mal. Durch das in über 100 Jahren Historie erst selten erreichte Double aus Siegen bei den beiden größten Rundfahrten in einem Kalenderjahr trug sich der stets im Angriffsmodus agierende Ausnahmekönner in die Radsport-Annalen ein.
Nach dem neuerlichen Tour-Coup bleiben dem mit der Radfahrerin Urska Zigart verlobten Topstar aus Klanec bei Komenda noch andere große Ziele. Eines könnte er mit Olympia-Gold bereits in den nächsten Wochen erreichen. Auch der WM-Titel und die Vuelta a Espana fehlen noch in seiner bereits sehr langen Erfolgsliste. Dass er die heurige Spanien-Rundfahrt auch noch bestreiten wird, um das historische Triple zu versuchen, schließen Pogacar und sein Umfeld aber aus.
„Die Tour zu gewinnen ist ein anderes Level!“
Pogacar dominierte die Tour wie schon im Mai den Giro mit sechs Etappen-Erfolgen. Der in Nizza unweit seiner Wahlheimat Monaco zelebrierte dritte Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt nach 2020 und 2021 wird wohl nicht sein letzter gewesen sein. Bleibt Pogacar auf seinem aktuellen Niveau und von Sturzverletzungen verschont, scheint er auf längere Sicht nur schwer aufzuhalten zu sein.
„Das ist unglaublich. Die Tour zu gewinnen ist ein anderes Level. Und dazu noch das Double ist noch ein anderes Level“ sagte Pogacar und ergänzte: „Das ist die erste Tour, in der ich jeden Tag voller Zuversicht war. Ich hatte keinen schlechten Tag. Ich bin sehr glücklich. Ich kann nicht beschreiben, wie glücklich nach zwei harten Jahren bei der Tour. Dieses Jahr ist alles perfekt gelaufen.“
Vingegaard bot erstaunlich gut Paroli
In den vergangenen drei Wochen war gegen ihn kein Kraut gewachsen. Weder eine kurz vor der Tour überstandene Corona-Infektion noch die Konkurrenz, angeführt von Titelverteidiger Jonas Vingegaard, vermochten den Slowenen zu stoppen. Vingegaard bot ihm drei Monate nach seinem schweren Sturz mit Knochenbrüchen und einer Lungenverletzung erstaunlich gut Paroli, in den entscheidenden Momenten schlug Pogacar in den Bergen aber mehrfach in unwiderstehlicher Manier zu.
Wie auch schon etliche seiner (nicht selten später des Dopings überführten) Vorgänger wie Lance Armstrong oder Marco Pantani muss sich auch Pogacar vielen kritischen Fragen stellen. Zweiflern lässt er stets ausrichten, es gehe alles mit rechten Dingen zu. Sein Ausnahmetalent gepaart mit harter Arbeit und professioneller Betreuung seien die Erfolgszutaten, glauben die Wohlwollenden. Kritiker bleiben nicht zuletzt wegen seiner im Laufe der Tour aufgestellten Fabelrekordzeiten auf mehreren Bergen aber skeptisch.
UAE Emirates hatte Renngeschehen stets unter Kontrolle
Der schlechte Ruf seiner Chefs im mit viel Geld aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gesponsorten Rennstall, Mauro Gianetti und Maxtin Fernandez, trägt auch nicht zur Vertrauensbildung bei. Unbestritten ist, dass sich Pogacar bei der Tour nicht nur auf seine eigene, sondern auch auf die Stärke seiner Mannschaftskollegen verlassen konnte. Das Team UAE Emirates hatte mit mehreren hochkarätigen Edelhelfern das Renngeschehen stets unter Kontrolle und bereitete die Angriffe ihres hoch bezahlten Kapitäns perfekt vor. Dass zwei von ihnen trotz der vielen Arbeit für Pogacar unter die besten sechs der Tour kamen, spricht Bände.
Seine Teamkollegen wie der Österreicher Felix Großschartner berichten jedenfalls nur Gutes über den scheinbar immer bestens gelaunten Topstar. Durch die offensive Fahrweise und mit seiner amikalen Art gewann „Pogi“ bei dieser Tour bestimmt viele neue Fans. Nicht zuletzt die Art und Weise, wie er seine Erfolge einfährt, brachte ihm Vergleiche mit dem als „Kannibalen“ betitelten Eddy Merckx ein.
Nicht nur begnadeter Kletterer und Zeitfahrer
Wie der legendäre Belgier in den 1960er und -70er-Jahren ist Pogacar nicht nur als begnadeter Kletterer und Zeitfahrer bei Rundfahrten (bereits 17 Etappen-Erfolge bei der Tour), sondern auf allen Terrains erfolgreich. Neben seinen nunmehr bereits vier Grand-Tour-Erfolgen gewann er auch schon zahlreiche Einwochen-Rundfahrten und mehrere große Eintagesklassiker wie die Flandern-Rundfahrt (1 x), Lüttich-Bastogne-Lüttich (2 x) und die Lombardei-Rundfahrt (3 x).
Gall beendet Rundfahrt nach schlechtem Schlusstag auf Platz 14
Das abschließende Zeitfahren von Monaco über die Anstiege La Turbie und Col d‘Eze nach Nizza gewann Pogacar jedenfalls haushoch vor Vingegaard und Remco Evenepoel, die in der Gesamtwertung ebenfalls Zweiter und Dritter wurden. Felix Gall beendete die Frankreich-Rundfahrt nach einem schlechten Schlusstag auf Platz 14. Gall verlor im finalen Kampf gegen die Uhr über 33,7 Kilometer als lediglich 103. über sieben Minuten auf Pogacar.
Der Osttiroler war zwei Wochen lang auf Kurs in Richtung Top-Ten-Platz gewesen, in den entscheidenden Alpen-Etappen kam der mit großen Ambitionen angetretene Kletterspezialist aber nicht mehr mit den Besten mit. In den drei Wochen war ein achter Etappen-Rang das Topergebnis des 26-Jährigen, der in den beiden Zeitfahren besonders viel Zeit verlor. Letztlich landete er ein Jahr nach seinem sensationellen Königsetappen-Sieg nicht wie erhofft im Spitzenfeld der Gesamtwertung: Auf Pogacar fehlten 46 Minuten, auf die Top-Ten war es eine Viertelstunde.
Decathlon wie Red-Bull-Bora zu Verlierern gehörig
Seine Decathlon-Mannschaft gehörte ohne Etappensieg wie Red-Bull-Bora mit Marco Haller zu den Verlierern. Der österreichisch-deutsche Rennstall hatte nach dem Verletzungs-Aus von Primoz Roglic in der Schlusswoche gegen Pogacar und Co. wenig zu melden.
Das Ergebnis der 21. Etappe:
1. Tadej Pogacar (SLO) UAE 45:24 Minuten
2. Jonas Vingegaard (DEN) Visma +1:03 Min.
3. Remco Evenepoel (BEL) Soudal +1:14
Weiters:
68. Gregor Mühlberger (AUT) Movistar +6:20
103. Felix Gall (AUT) Decathlon +7:31
131. Marco Haller (AUT) Red Bull +8:51
Der Endstand in der Gesamtwertung:
1. Tadej Pogacar (SLO) UAE 83:38:56 Std.
2. Jonas Vingegaard (DEN) Visma +6:17 Min.
3. Remco Evenepoel (BEL) Soudal +9:18
4. Joao Almeida (POR) UAE +19:03
5. Mikel Landa (ESP) Soudal +20:06
6. Adam Yates (GBR) UAE +24:07
Weiters:
14. Felix Gall (AUT) Decathlon +46:12
56. Gregor Mühlberger (AUT) Movistar +3:40:17 Std.
85. Marco Haller (AUT) Red Bull +4:26:52
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