Namenlose Tiere, Pumpgun-Gelüste und sein undurchsichtiges Aquarienhaus-Projekt zählten nicht: Stephan Hering-Hagenbeck wurde als Schönbrunner Zoodirektor auf weitere fünf Jahre verlängert. Fragen des Wirtschaftsministerium zum Aquarium konnte Hering-Hagenbeck davor geschickt aus dem Weg gehen.
Wien kann sich bis mindestens 31. Dezember 2029 auf weitere Absonderlichkeiten aus dem Schönbrunner Tiergarten gefasst machen: Stephan Hering-Hagenbeck ist trotz seiner Waffennarreteien, trotz des Aquarium-Neubaus durch seinen eigenen früheren Geschäftspartner und obwohl er gleich zu Beginn seiner Amtszeit ein bizarres Namensverbot für Tiere erlassen hat, laut einer Kommission des Wirtschaftsministeriums der „bestgereihte Kandidat“ unter allen, die sich für die kommende fünfjährige Amtszeit beworben haben.
Keine einzige taugliche Alternative?
Vier Männer - darunter Hering-Hagenbeck - und zwei Frauen waren nach der Ausschreibung am 13. April in die engere Auswahl für die Leitung des Schönbrunner Tiergartens gekommen, darunter auch Kandidaten aus dem Ausland. Den Ausschlag gab, so hört man aus der Kommission, dass nur Hering-Hagenbeck Erfahrung mit der Leitung eines Kategorie-A-Zoos vorweisen habe können, während die anderen Bewerber lediglich kleinere Zoos geführt oder bisher nur wissenschaftlich gearbeitet hätten. Unter diese Kategorie wären allerdings wohl auch Hering-Hagenbecks Vorgängerin Dagmar Schratter und Zoo-Legende Helmut Pechlaner gefallen.
Eine Herzensangelegenheit scheint Hering-Hagenbecks Wiederbestellung im Wirtschaftsministerium nicht gewesen zu sein: Das schon laufende Bestellungsverfahren war Anfang des Sommers eingefroren und die bereits anberaumten Hearings gestoppt worden, weil sich auch im Ministerium die Fragen zu Hering-Hagenbecks Aquarienneubau gehäuft hatten. Dem Vernehmen nach wurde eine Rechtsanwaltskanzlei mit Untersuchungen dazu beauftragt, ob bei dem Projekt alles mit rechten Dingen zugegangen sei.
Gleich nach seinem Start in Schönbrunn im Jahr 2020 hatte Hering-Hagenbeck das schon fertig geplante Projekt für das neue Aquarienhaus gestoppt, das ein weiteres Aushängeschild für den Tiergarten hätte werden sollen. Stattdessen bekommt der Zoo nun an der Stelle des bisherigen Aquarienhauses einen Neubau: kleiner als das bisherige Aquarium, mit vor die Tür gesetzten Reptilien, dabei zugleich teurer als das schubladisierte Renommierprojekt – aber errichtet von seinem Ex-Kompagnon aus der deutschen Heimat.
Eine Untersuchung mit einem Haken
Die beauftragten Anwälte durchleuchteten das Projekt und konnten Hering-Hagenbeck am Ende kein Fehlverhalten nachweisen. Der Schönheitsfehler dabei: Die Untersuchung bezog sich rein auf Hering-Hagenbecks eigene Stellungnahmen, die Akten des Tiergartens selbst, und darüber hinaus Unterlagen aus dem Wirtschaftsministerium. Die Juristen hätten also nur dann eine Handhabe gegen den Zoodirektor finden können, wenn er etwaige Unregelmäßigkeiten selbst offiziell zu Protokoll gegeben hätte.
All die Fragen zu dem Dutzende Millionen teuren Projekt bleiben damit weiter offen – etwa, warum im letzten Moment der Neuausschreibung 2022 statt österreichischer Architekten plötzlich Hering-Hagenbecks Ex-Kompagnon der „Bestbieter“ war, und wo genau sich die Spuren von Hering-Hagenbecks Firmengeflecht verlieren, das ihn mit dem „Bestbieter“ verband: Er reichte seine Funktionen dort zuerst an seine Tochter weiter. Als das Aquarienprojekt auf Schiene war, wurde die Firma plötzlich liquidiert. Die Antworten auf diese Fragen kennt vor allem Hering-Hagenbeck. Er ist ja nun noch länger in Wien. Vielleicht wird er da doch noch antworten müssen.
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