Was die Unwetteropfer in Oberkärnten derzeit durchmachen, muss der Horror sein: Vermurte Keller, überflutete Garagen, beschädigte Autos und zerstörte Äcker lassen Betroffene verzweifeln. Was es jetzt braucht, ist Information und Hilfe – und zwar schnell! Wo Versicherungen helfen können, warum trotzdem Geduld gefragt ist und wie Sie entstandene Schäden richtig dokumentieren.
„Allein das Gefühl, dass die Sorgen ankommen, dass mir jemand zuhört – das ist so wichtig! Und je schneller, desto besser“, sagt Kurt Tschemernjak, seines Zeichens Vorstandsdirektor der Kärntner Landesversicherung (KLV) und spätestens nach den vergangenen Unwetter-Sommern Experte in diesen Dingen: „Wir haben in den letzten Jahren viel dazugelernt.“
Gerade deshalb seien seine Kollegen im Außendienst „angehalten, in Katastrophengebiete reinzugehen und unsere Kunden aufzusuchen, sofern möglich“.
Derzeit kommen aber lediglich Polizei oder Rettung in die Innerkrems – und das auch nur im Notfall und über Salzburg. Umso wichtiger sei es, selbst aktiv zu werden und sich bei der eigenen Versicherung zu melden: „Manchmal schadet es nicht, sich auf die Hinterbeine zu stellen!“ Und die entstandene Schäden richtig zu dokumentieren, betont Tschemernjak.
Wie Sie Unwetterschäden richtig dokumentieren
„Ein Foto sagt mehr als tausend Worte. Jeder hat ein Handy mit Kamera, kann leicht Schäden festhalten.“ Im besten Fall gibt es sogar eine vorab angelegte Liste an Besitztümern: „Das kann ich jedem empfehlen – einfach ein Ordner mit Foto, Kurzinfo, Wert, eventuell Gebrauchsanleitung. Die Frage ist immer: Wie kann ich nachweisen, was ich besitze?“
Denn wenn der Gutachter dann vor Ort ist, wurde vielleicht schon vieles entsorgt. „Solange alles dokumentiert ist, macht’s nichts, wenn die beschädigte Waschmaschine und der kaputte Tiefkühler nicht mehr im überschwemmten Keller stehen. Spuren am Gebäude selbst sind ja viel länger zu sehen.“
Haus vermurt: Brauche ich einen Gutachter?
Ob ein gerichtlich beeideter Sachverständiger notwendig ist, entscheidet übrigens die Versicherung – je nach Schadenshöhe. Dieser hilft den Betroffenen auch mit Empfehlungen zu Aufräumarbeiten und Sanierung. „Gutachter sind Leute vom Fach, Geologen zum Beispiel. All das wird nicht am Bürotisch entschieden!“
Je nach Vertrag und Umständen kann die Versicherung bis zu 100 Prozent des Schadens übernehmen: „Bei der Gebäudeversicherung gibt es inzwischen sehr gute Produkte: Schneedruck, Felssturz, Hagel – das kann ich mit bis zu 100 Prozent abdecken!“, informiert Tschemernjak. „Das gilt auch für Erdrutsche!“
Was zahlt die Versicherung und was nicht?
Anders ist die Situation bei Muren: „Da gibt es derzeit noch keine Lösung für 100-prozentigen Schutz.“ Der Unterschied: „Vermurungen sind flussähnlich und passieren auf der Oberfläche, ein Erdrutsch geht tiefer, vielleicht sogar unterirdisch. Wir hatten einen Fall, bei dem sich eine ganze Garage verschoben hat! Mit der Definition gehen wir sehr sorgsam vor und wenn etwas unklar ist, kommt ein Sachverständiger zum Einsatz.“
Dann gibt es noch die Erstrisikodeckungen: „Die Summe ist im Vertrag festgehalten – egal wie viel höher der Schaden ist, bis zu dieser Summe wird jedenfalls gezahlt.“
Wie hoch der gesamte Schaden in der betroffenen Region ist, kann übrigens noch nicht gesagt werden.
Nach Katastrophenfall droht der finanzielle Ruin – was nun?
Unwetterschäden bedeuten für Betroffene oft den finanziellen Ruin, viele stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Daher bieten zahlreiche staatliche und private Institutionen ihre Unterstützung an.
Unter anderem gibt es vom Land Kärnten Beihilfengewährung für Schäden nach Naturkatastrophen. Die Prüfung, Beurteilung und Verteilung der Gelder erfolgt durch das Kärntner Nothilfswerk.
Während die finanziellen Unterstützungsleistungen in den meisten Fällen äußerst gering ausfallen, sorgen andere Hilfseinrichtungen wie das Rote Kreuz dafür, dass Betroffene mit lebensnotwendigen Mitteln wie Kleidung, Hygieneartikel und anderem versorgt werden.
Übrigens: Nach einem Katastrophenfall kann die Beseitigung von Schäden auch als außergewöhnliche Belastung bei der Arbeitnehmerveranlagung in voller Höhe geltend gemacht werden. Die Arbeiterkammer bietet dabei Unterstützung.
130 Liter pro Quadratmeter regnete es bei den jüngsten Unwettern im Liesertal. Die Lage ist verheerend: Durch die Unwetter sind die größten Schäden an der öffentlichen Infrastruktur entstanden, aber auch mehrere private Häuser stehen metertief im Schlamm. Deshalb gehen die Aufräumarbeiten weiter.
Eine Zwickmühle, die viele Unwetteropfer kennen: Der ganze Keller steht unter Wasser, und eigentlich sollte man schon längst in der Arbeit sein. „Wenn man von einem Unwetter getroffen wurde, sollte man gleich einmal seinen Arbeitgeber kontaktieren und erklären, was passiert ist“, erklärt Maximilian Turrini, Leiter der Abteilung Arbeitsrecht in der Kärntner Arbeiterkammer.
Doch die personenbezogene Dienstverhinderung gilt nur für einen gewissen Zeitraum. „Wenn der Keller noch unter Wasser steht und gerade ausgepumpt wird, dann muss man wieder zur Arbeit gehen“, informiert der Experte im Gespräch mit der „Krone“.
Wird jedoch der Weg zur Arbeit weggerissen oder längerfristig blockiert, wie zum Beispiel in der Innerkrems, dann darf der Arbeitgeber nicht verlangen, zur Arbeit zu kommen! „Man sollte die Details aber immer direkt mit dem Dienstgeber abklären, damit es zu keinerlei Missverständnissen kommt.“
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