Im Sommer 2023 ging die britische Band Blur nach acht Jahren Pause wieder auf Tournee. Mit ihrem neunten Studioalbum „The Ballad Of Darren“ im Gepäck gaben die Britpopper Konzerte auf der Insel, in Europa, Japan und Südamerika sowie beim Coachella-Festival in Kalifornien, wo sich Frontmann Damon Albarn irritiert über die aus seiner Sicht unterkühlte Stimmung äußerte. Ganz anders war es zuvor in ihrer Heimatstadt gelaufen.
Die beiden gigantischen Auftritte vom 8. und 9. Juli 2023 im Londoner Wembley-Stadion, die als Höhepunkt der Tour galten, sind auf dem neuen Album „Live At Wembley Stadium“ zusammengefasst. Mit insgesamt rund 150.000 Zuschauern waren es die größten Shows in der Karriere von Damon Albarn, Graham Coxon, Alex James und Dave Rowntree.
Platz in den Geschichtsbüchern
Die Begeisterung der Fans war groß, die britische Presse überschlug sich mit Lob. „Die glorreiche Wiedervereinigung sprüht vor Energie und ungestümer Freude“, schrieb die Zeitung „Guardian“. Der „Evening Standard“ lobte: „Mit einem Set voller überraschender Wendungen, großer massentauglicher Hits, eigenwilliger Kuriositäten und echter emotionaler Tiefe erfüllen Blur weiterhin Bucket-List-Träume – und sichern damit ihren festen Platz in den Geschichtsbüchern.“
Auf eine aufwendige Bühnenshow, wie sie für Stars von AC/DC bis Taylor Swift heute üblich ist, hatten Blur verzichtet und sich voll auf ihre Songs verlassen. Den Anfang machte „St Charles Square“ von ihrem exzellenten „The Ballad Of Darren“. Neben „The Narcissist“ war es in Wembley erstaunlicherweise der einzige andere Song von ihrem jüngsten Album. Zu groß ist der Blur-Katalog inzwischen geworden.
Riege an Klassikern
26 Songs spielten die Britpopper, darunter natürlich unverzichtbare Klassiker wie „Beetlebum“, „Coffee & TV“, „Song 2“ und „Girls & Boys“. Einzig der Schere zum Opfer gefallen ist – warum auch immer – „Lot 105“, das einminütige Outro ihres Kultalbums „Park Life“.
Es war ein emotionaler Abend für Blur. Wembley, der Ort von „Live Aid“ und unzähligen legendären Konzerten, gilt britischen Musikern als heilig. Die Band habe ihr ganzes Leben auf diesen Moment gewartet, bekannte Albarn auf der Bühne. Der Sänger überraschte, als er bei einer Show nach dem Song „Under The Westway“ in Tränen ausbrach. Erst später wurde bekannt, dass es wohl nicht nur an diesem Meilenstein, sondern an der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin lag.
Meckern auf hohem Niveau
Der Sound des Livealbums ist ein wenig zu sauber geraten. Etwas weniger steriler Hall, etwas mehr Geräuschkulisse aus dem Publikum hätte der Abmischung sicherlich gutgetan und die mitreißende Stadionatmosphäre besser eingefangen. Das ist allerdings Meckern auf hohem Niveau angesichts der hervorragenden Setlist und bestens aufgelegten Band.
„Live At Wembley“ erscheint als Doppel-CD, Triple-Vinyl-LP und sogar auf Kassette. Im September soll obendrein ein Konzertfilm folgen, der in Großbritannien für kurze Zeit in die Kinos kommen wird. Dass das Konzerterlebnis auch hierzulande auf der großen Leinwand gezeigt wird, ist allerdings fraglich. Schade eigentlich, zumal Blur nun wieder eine lange Auszeit angekündigt haben.
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