Krank, erschöpft, verzweifelt, ohne Geld und Unterstützung – so geht es vielen Betroffenen, die an Covid-Langzeitfolgen leiden. Noch immer. Man arbeite an einem Aktionsplan, so die Politik.
Sabine J. (Name geändert) war einmal eine aktive junge Frau. Dann erkrankte sie an Covid. Jetzt ist alles anders. Die Oberösterreicherin ist ohne Rollstuhl kaum mobil, den Haushalt erledigt ihre Mutter. Geräusche setzen die knapp 40-Jährige so unter Stress, dass sie fast permanent Lärmschutzkopfhörer trägt. Sie leidet dazu an chronischer Erschöpfung und vielen anderen für Long Covid und ME/CFS (chronische Multisystemerkrankung) typischen Zuständen. Dazu kam vor zwei Jahren die Diagnose Brustkrebs. Es folgten Operation, Chemotherapie und Bestrahlung.
Zur Krankheit noch Existenzängste
Und jetzt ein zermürbender Kampf gegen die Behörden. Wegen Pflegegeld und Berufsunfähigkeitspension. Der vom Gericht bestellte Gutachter ist der Meinung, die Frau könne arbeiten gehen. Auch seine weitere Aussage: „Was ist denn da dabei, bei der Waschmaschine den Knopf zu drücken?“, habe die Familie irritiert. Man habe daher auf einen weiteren Gutachter gepocht. Dieser meinte, der Befund des behandelnden Internisten würde ihm reichen.
Daraufhin wurde nun vom Gericht noch ein weiterer Gutachter beauftragt, der nun feststellen soll, ob der andere Gutachter persönlich ins Haus kommen soll oder ob die Befunde ausreichen. Dazu ist strittig, wie transportfähig die 39-Jährige ist. „So vergeht Monat um Monat und meine Tochter plagen zusätzlich zu ihrer schweren Erkrankung auch noch Existenzängste“.
Behörden mit wenig Verständnis
Wie wenig sensibel verschiedene öffentliche Stellen mit Betroffenen umgehen, erlebt auch Familie G. aus Wien. Tochter Victoria leidet nach einer Covid-Infektion an Langzeitfolgen. Wir haben schon einmal über sie berichtet. Die ehemalige sportliche Vorzugsschülerin macht derzeit die Matura in einer Maturaschule nach.
Sogar kurze Fußwege oder Treppensteigen sind für die 19-Jährige nicht zu bewältigen. Bis vor Kurzem hatte die Familie einen befristeten Behindertenparkausweis. Für den Transport zu Schule, Arztterminen und für Behördenwege. Doch dieser wurde nun nicht mehr verlängert. Der bestellte Gutachter ist nämlich der Meinung, Victoria könne diverse Strecken sehr wohl zu Fuß gehen. Sogar ihre eigenen Mahlzeiten zuzubereiten sei ihr möglich. Die behandelnden Ärzte attestieren das Gegenteil. Doch ihre Expertise zählt bei solchen Entscheidungen nicht.
„Das ist keine Untersuchung“
Geschichten wie diese hört die Ombudsfrau zu Dutzenden. Und alle klagen über dasselbe. Den von Gericht oder Behörde bestellten Gutachtern fehle oft die Sensibilität und das Wissen für ein derart komplexes Symptomfeld, Untersuchungen würden oft nur sehr kurz dauern und wenig aussagen. Man werde oft als Simulant hingestellt. Zitat eines Betroffenen: „Einmal in den Bauch drücken und abhorchen ist keine gewissenhafte Untersuchung.“
Referenzzentrum in Planung
Das Gesundheitsministerium verweist uns gegenüber auf das im Gang befindliche Ausschreibungsverfahren für ein nationales Long-Covid-Referenzzentrum. Bezüglich der Anzahl der auf die Behandlung von Long Covid spezialisierte Kassenärzte verweist man gar auf die Ärztekammer. Weiß man über etwas derart Wichtiges im Ministerium etwa nicht Bescheid?
Aktionsplan
Im Rahmen einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage betreffend eklatanter Hürden bei der Begutachtung von ME/CFS und Long Covid Patienten gab das Gesundheitsministerium an: Das Themenfeld der sozialen Absicherung inklusive Begutachtungen ist ein Handlungsfeld im derzeit in Entstehung befindlichen Aktionsplan zu postviralen Syndromen. Viele Worte, die derzeit nicht helfen.
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