Heute starten offiziell die Olympischen Spiele in Paris. Zweieinhalb Wochen lang kämpfen 81 Athleten aus ganz Österreich um Medaillen. Ein Großeinsatz auch für den ORF, der auf allen Kanälen 490 Stunden lang vom Sportereignis berichtet. Teamleader Hans Hengst nahm uns im Talk mit hinter die Kulissen.
Es ist zweifellos ein Sommer des Sports. Nach vier Wochen Fußball-Europameisterschaft in Deutschland geht schon das nächste Großereignis in Aktion. Die Olympischen Sommerspiele von Paris werden heute Abend mitten in der Stadt an der Seine eröffnet, US-Rapper und Cannabis-Unternehmer Snoop Dogg trägt die olympische Fackel davor durch Saint-Denis, einem der am dichtesten besiedelten Vororte von Paris. Ein Großereignis ist Olympia aber nicht nur für die Athleten und die Sportfans, sondern auch für den ORF, der auf all seinen Kanälen gesamt 490 Stunden übertragen wird. Koordiniert wird das Monsterprojekt von Teamleader Hans Hengst, dessen Vorbereitungen strenggenommen schon mit dem Ende der letzten Winter-Olympiade begannen. „Ich hatte tatsächlich jetzt schon erste Meetings für die Olympischen Winterspiele 2026 in Cortina d’Ampezzo“, lacht er im „Krone“-Gespräch, „anfangs arbeitet ein sehr kleines Team daran und je näher das Event rückt, umso mehr Leute sind beteiligt.“
Mensch und Maschine
Hengsts Aufgabe ist vor allem eine organisatorische. „Der zentrale Punkt ist der Bewerbsplan. Drumherum werden die Sendungen geplant und entschieden, was wo läuft. Dann überlege ich mir, wie viele Menschen wir wann brauchen, um alles bewältigen zu können. Dabei muss ich an Mensch und Maschine denken, denn es geht auch um Kamerateams, Leitungen und Schnittplätze.“ Die Manpower vor Ort in Frankreich ist dabei nicht überbordend groß. „Wir haben 38 Personen in Paris und zwei in Marseille, die über alles berichten, was dort passiert. Es sind sechs Fernsehinterviewer im Einsatz, die andauernd unterwegs sind.“ Der ORF berichtet auf ORF 1 und ORF SPORT+ jeweils zwischen 7 und 9 Uhr morgens bis Mitternacht. Dabei muss man auch etwaige Stehzeiten füllen, wenn gerade keine Live-Bewerbe stattfinden. „Dafür arbeiten wir eng mit unserem Korrespondentenbüro zusammen. Wir wollen auch mit historischem und politischem Content brillieren, setzen auf Porträtgeschichten von Athleten oder Hintergrundstorys.“
Um die 329 Medaillenentscheidungen im Auge zu behalten, wird vermehrt auf crossmediale Kompetenz gesetzt. TV, Radio, Online und Social Media verknüpfen sich zu einem großen Ganzen. „Als öffentlich-rechtlicher Sender haben wir für alle Österreicher da zu sein und die Aufgabe, ihnen auf allen Kanälen entgegenzukommen.“ Inhaltlich gibt es eine relativ klare Stufentabelle. In erster Linie ist es wichtig, alle 81 österreichischen Athleten bei der Ausübung ihres Sports herzuzeigen. Sollte es der Zeitplan verlangen, dass zwei Sportler parallel in ihren jeweiligen Bewerben antreten müssen, dann wird einer davon leicht zeitversetzt live gesendet. „Für die Menschen vor den Bildschirmen hat eine Leichtathletik-Entscheidung eine höhere Wichtigkeit als Bogenschießen. Ich versuche mich immer so gut wie möglich in die Zuschauer hineinzudenken und dementsprechend zu entscheiden.“
Herzstück Studio
Olympia 2024 ist für die ORF-Belegschaft eine Herausforderung, nach den Sommerspielen von Tokio 2021 unter strengen Corona-Bedingungen nimmt sich der aktuelle Bewerb aber fast noch entspannt aus. „Wir haben damals sehr viel gelernt, was wir jetzt umsetzen können. Wir steuern sehr viele Dinge aus Wien und haben das Erlernte aus Tokio mit der weiterentwickelten Technik verknüpft. Dadurch, dass unser Team in Frankreich überschaubar ist, haben wir deutlich weniger Flüge und CO₂-Belastung.“ Das Herzstück in der Heimat ist das neue ORF-Sportstudio, das bereits bei der Fußball-EM zum Einsatz kam und nun „Olympia-modifiziert“ wurde. Dort wird ein bewährtes Moderatoren-Team die Bewerbe begleiten, zudem habe man rund 20 Experten engagiert, die den Zusehern unbekanntere Sportarten näherbringen. „Es gibt etwa die neue Kategorie Breakdance, die erstmals olympisch ist. Dort haben wir jemanden aus der Szene geholt, der die Entscheidungen mit profundem Wissen mit kommentiert.“
Dass die Olympischen Spiele nicht dieselbe Quoten-Zugkraft haben wie eine Fußball-EM, ist Hengst klar. „Die Quote ist aber auch nicht unser oberstes Ziel. Wir wollen den Menschen die Sportarten perfekt in die Wohnzimmer liefern und mit Kompetenz glänzen“ Seitens des ORF-Organisationsteams wurden auch internationale Mitbewerber beobachtet. Man könne sich zwar dort und da Inspirationen holen, Vergleiche seien aber eher holprig. „Es gibt in jedem Land andere gesetzliche Grundlagen und spezielle Voraussetzungen. Die Schweiz etwa muss dreisprachig aufgestellt sein, in Deutschland ist in allen Belangen alles zehnmal so groß. Wir haben aber ein tolles Team, dass sehr gerne und qualifiziert über Sport berichtet. Es geht uns um die drei Säulen Emotion, Information und Unterhaltung – wir werden all das zweieinhalb Wochen lang sehr gut zu unseren Kunden nach Hause tragen.“
Keine Zeit zum Durchschnaufen
Die Begeisterungsfähigkeit innerhalb des ORF-Teams hilft dabei über so manch ausufernde Stresssituation hinweg. „Wenn es Erfolge zu feiern gibt, macht das auch mit uns was. Es ist durchaus realistisch, dass wir in lauten Jubel ausbrechen, wenn die Athleten gewinnen.“ Bei all der Anstrengung ist bei so einem Großprojekt vor allem wichtig, Kräfte einzuteilen und den Energielevel möglichst hochzuhalten. „Mit der Vorbereitung müssen wir drei Wochen lang so viel berichten, dass wir kaum Zeit zum Durchschnaufen haben. Beim Fußball hat man irgendwann zwei oder drei Tage Leerlauf, aber bei Olympia ist die Konzentration immer am höchsten Level. Die große Kunst ist, mit wenig Schlaf trotzdem freudig an die Arbeit zu gehen, weil es der schönste Job ist, den man sich wünschen kann.“ Und ganz abseits des ORF – mit wie vielen Medaillen kehren die heimischen Athleten heim? „Es kommt auch auf das nötige Glück und die jeweiligen Verhältnisse an, aber ich glaube, wir kommen in den Bereich von Tokio 2021 mit rund sieben Medaillen. Das ist eine gute Benchmark.“
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