„Krone“-Faktencheck
Noch am Leben, Joe? Eine rechte Stinkbombe
Seit Jahren wird über Joe Bidens Gesundheitszustand spekuliert. Eine neue Desinformationskampagne stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten: Der US-Präsident sei in Wahrheit tot! Folgend ein „Krone“-Faktencheck, der zeigt, wie sehr die Dinge aus dem Ruder laufen.
Behauptung: Joe Biden ist tot.
Faktencheck: Joe Biden lebt.
Was steckt dahinter?
Der Trumpismus ist längst mehr als ein Mann. Es ist eine Ideologie, die alles dem Erfolg unterordnet. Wie man dabei ans Ziel kommt, ist völlig egal. Es wird gelogen, diffamiert und verkürzt. Dieser Zyklus wird dann so lange wiederholt, bis Menschen nicht mehr sicher sind, was überhaupt der Wahrheit entspricht. Kurz: Mit Verschwörung und Desorientierung zum Erfolg!
Donald Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon hat es im Jahr 2018 so zusammengefasst: „Die wahre Opposition sind die Medien. Und der Weg, mit ihnen umzugehen, besteht darin, die Zone mit Scheiße zu überschwemmen.“ Oder wie der Amerikaner sagt: „Flood the zone with shit!“ Irgendwas wird so stinken, dass die Menschen darüber sprechen.
Eine rechte Stinkbombe
Seit Joe Bidens Ankündigung, nicht mehr bei der Präsidentschaftswahl anzutreten, läuft diese Maschinerie auf Hochtouren. Die neueste Stinkbombe: Der US-Präsident lebt gar nicht mehr. Rumms!
Dieses Hirngespinst nimmt aktuell richtig Fahrt auf, gefördert von profitorientierten Algorithmen sozialer Netzwerke. Allen voran der Plattform X, dessen Inhaber Elon Musk offen Donald Trump unterstützt.
Wo hat Falschbehauptung ihren Ursprung?
Der US-Präsident hat am vergangenen Sonntag seinen Verzicht auf eine Wiederkandidatur per Brief angekündigt. Er sparte sich einen persönlichen Auftritt, da er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine Corona-Infektion in seinem Strandhaus auskurierte. Nach der bisher desaströs verlaufenen Kampagne und dem internen Druck kam der Schritt nicht überraschend.
Beim rechten US-Sender Fox News schrillten dennoch sämtliche Alarmglocken. In einer Livesendung wenige Stunden nach Bidens Erklärung waren die Moderatoren voller Sorge. Wo ist der 81-Jährige? Die Antwort wäre gewesen: in seinem Ferienhaus in Delaware.
Zuseher bekamen etwas anderes serviert. Niemand habe ihn gesehen, heißt es in der Nachrichtenshow. Niemand wisse, wo er ist. Angesichts der Ereignisse sei das besorgniserregend, findet einer der Moderatoren. Seine Kollegin nimmt den Ball auf: „Es wurde nicht einmal ein aktuelles Foto veröffentlicht, nichts.“ Dann die entscheidenden Sätze: „Ich hoffe, es geht ihm gut.“ Und: „Ein Lebenszeichen, bitte!“
Die beschriebene Szene:
Ein Medienunternehmen verbreitete kurze Zeit später auf X, man wisse aus sicherer Quelle, dass der US-Präsident in einem Hospiz im Sterben liege. Ein ehemaliges Kongressmitglied der Republikaner, Madison Cawthorn, twitterte am Montag: „Denkt noch jemand, dass Biden tot ist?“ Der Beitrag wurde X-Nutzern mehr als zwei Millionen Mal in die Timeline gespült. Einen Warnhinweis unter seinen irreführenden Worten sucht man bis heute vergebens.
Absurde Erklärungen für jeden Auftritt
Der Schaden war angerichtet, die Erzählung verfing und verselbstständigte sich – allen Lebensbeweisen zum Trotz. Am Montag ließ sich Biden telefonisch zu Harris in der Wahlkampfzentrale der Demokraten in Wilmington zuschalten. „Ich möchte dem Team sagen: Umarmt sie. Sie ist die Beste“, rief er den Demokraten zu. Es war seine erste öffentliche Äußerung seit seinem Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen. Im rechten Spektrum hieß es daraufhin: Das reicht nicht, es handelt sich um einen Stimmenimitator.
Mit jedem weiteren Auftritt wurden die Erklärungen absurder. Die Unterschrift unter der Rückzugsankündigung? Sieht gefälscht aus! Fotos von Bidens Rückkehr ins Weiße Haus? Manipuliert!
Biden wendete sich schließlich am Mittwoch per Ansprache an die Nation. Zur besten Sendezeit, in Farbe, auf allen Kanälen und per Live-Übertragung. Er hielt eine pathetische Rede und legte seine Gründe für den Rückzug dar. Mit schwerer Zunge und seinen sichtlich berührten Liebsten neben sich. Doch auch dieser Auftritt wird nun für Falschmeldungen ausgeschlachtet.
Ein Beispiel der rechten Desinformation:
Dafür wurde ein Bild in millionenfach aufgerufenen Posts als angeblicher Beweis für eine Aufzeichnung herangezogen, in dem die Uhrzeit auf der Armbanduhr des 81-Jährigen nicht mit der tatsächlichen Übertragungszeit übereinstimmen soll.
Wenn die Realität nicht mehr ankommt
Hierfür wurde offenkundig ein Screenshot aus der Rede verwendet, auf dem Bidens Zeiger bei ein paar Minuten nach sieben Uhr stehen – die Rede begann allerdings um 20 Uhr Washingtoner Zeit. Eine Recherchezeit von drei Minuten erleichtert das Gewissen. Offizielle Pressefotos sichten, mehrere Aufnahmen vergrößern, Uhrzeit checken. Die Erkenntnis: Bei den verbreiteten Bildern handelt es sich um Fälschungen.
Die Fotos der Pressefotografen vor Ort dokumentieren, dass Bidens Uhr mit der Übertragungszeit übereinstimmte (siehe stark vergrößertes Bild unten).
Den Stink-Trollen ist das völlig egal. Es wird weiter gelogen und verunsichert. Jetzt soll Biden plötzlich größer sein als vor seiner Quarantäne. Ganz im Sinne von: Das stinkt gewaltig! Irgendwas wird schon hängenbleiben.
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