Die Salzburger Festspiele erleben mit dem neuen „Jedermann“ einen Höhepunkt, an dem der Grazer Schauspieler Christoph Luser in der Doppelrolle des „guten Gesell’n“ und „Teufels“ nicht gering beteiligt ist. Am Burgtheater gekündigt, in Salzburg gefeiert: Alles spricht über die schauspielerische Stärke und das Muskelspiel des 44-jährigen Steirers.
Wie haben sie die Aufführungen in den letzten Tagen empfunden?
Es war eine große Aufregung und ein spannendes Ereignis, auf das ich lange Zeit hingefiebert habe. Ich war extrem gespannt, aber nicht aufgeregt, weil wir erahnen konnten, dass die Neuinszenierung zur passenden Zeit kommt, den Zeitgeist und richtigen Ton trifft. Und so konnten wir es auch kaum erwarten, den neuen Stoff endlich vor Publikum zu spielen.
Ist es ein erlösender Moment, wenn Buhrufe ausbleiben?
Ja, weil man beim Theater nie weiß, wie das Publikum reagiert. Du erlebst wunderschöne Probezeiten und erwartest dir einen tollen Erfolg. Aber dann erlebst du das Gegenteil. In diesem Fall ist es eine bereichernde Zusammenarbeit mit dem Ensemble und mit dem Regisseur. Ich bin extrem glücklich, dass dieser „Jedermann“ beim Publikum so gut ankommt.
Regisseur Robert Carsen hat den internationalen Blick auf das Stück, hat er damit auch dem Teufel ein neues Gesicht gegeben?
Mich hat es immer gestört, dass der Teufel im „Jedermann“ zur Klamauk-Nummer verkommen ist, auch die Verkleidung habe ich als sehr merkwürdig empfunden. Ich hatte Angst, weil ich keine Nummer sein wollte und dem Teufel mehr Raum, Durchsetzungskraft und Ernsthaftigkeit geben wollte. In dieser Überlegung habe ich gemeinsam mit dem Regisseur Robert Carsen die Rolle des Teufels entwickelt, der sich auch äußerlich nicht verwandeln muss. Er braucht keine Hörner, muss, nicht als Belzebub auf die Bühne kommt und sich auf den Schwanz steigen. Der Teufel kann in verschiedenen Gestalten auftreten, so auch in der Figur des „Guten Gesell“. Das finde ich als Schauspieler auch spannender, die Gefährlichkeit des Teufels nicht in den üblichen Requisiten, sondern aus dem Schauspiel und Text heraus faszinieren zu lassen.
Der Teufel zieht blank und zeigt statt Hörner betörenden Sixpack.
Das hat sich auf der Probebühne so ergeben, sozusagen ein Probenzufall. Es war unheimlich heiß, es flogen die Fetzen und ich musste mir Raum und Luft machen. Der Jedermann zieht ja in dieser Inszenierung auch blank. Warum sollte es nicht auch der Teufel können und so hat man es auch bei mir beibehalten.
Ihr Muskelpaket ist das Gesprächsthema bei den Festspielen.
(Lacht) Ja, es fragen sich viele Leute, wie ich zu diesem Körper komme. Ganz ehrlich: Ich habe nicht darauf hintrainiert. Ich habe nur die guten Gene meines Vaters. Früher habe ich viel getanzt und da gibt es noch Überbleibsel, auch mit Tennis und Spazierengehen halte ich mich fit. Hier in Salzburg ist die Gesellschaft sehr eigen, die sich immer auf etwas Auffälliges stürzt. Bei mir ist es rein die äußerliche Erscheinung und ich hoffe, dass die Leute auch auf den Inhalt schauen. Des Teufels Muskelpaket ist nur ein Nebenprodukt.
Des Teufels Muskelpaket hat auch etwas Gutes, denn jedermann spricht von Ihnen.
Für mich ist es sehr positiv, weil ich nicht immer eine einfache Zeit am Theater hatte. Insofern freue ich mich über dieses Engagement, denn es kam zur richtigen Zeit, nachdem mein fixes Engagement beim Wiener Burgtheater nicht mehr verlängert wurde. Das war ein richtiger Schock für mich, denn es war auch das erste Mal, dass ein Direktor, der mich gar nicht richtig kennenlernte, keine Bereitschaft zum Verhandeln zeigte. Umso glücklicher bin ich, dass ich mich im Jedermann auf einen neuen Lebensabschnitt einlassen kann.
Hoffen Sie auf ein weiteres „Jedermann“-Engagment?
Ja, natürlich. Über eine Verlängerung würde ich mich wahnsinnig freuen. Es ist ein tolles Festival, mit einem sehr motivierten und professionellen Ensemble und tollen Leuten, mit denen man gerne zusammenarbeitet
Nehmen Sie an den Partys am Rande der Festspiele teil?
Früher war ich immer dabei, heute konzentriere ich mich auf die Arbeit, der Rest ist mir nicht wichtig. Wenn ich auf eine Party gehe, dann zeige ich mich nur kurz, denn der Rummel kostet viel Energie. Im Freien zu spielen, ist viel anstrengender als im Theater. Da musst du dich diszipliniert schonen.
Wie anstrengend kann der Jedermann sein?
Der Domplatz kann sich mit 60 Graz zum Backofen aufheizen, aber es kann am Abend, wie einige Probentage gezeigt haben, auch kalt werden. Das ist nicht ohne für die Stimme. Dann die weiten Wege zwischen den Auftritten. Ich sprinte zwischen den Auftritten zum Umziehen, die Ankleide und die Maskenbildnerin rennen mit, in der Eile werden mir die Linsen in die Augen geschoben. Diese Aufführung zu spielen, ist eine Challenge. Da ist es von Vorteil, wenn man einigermaßen fit ist.
Wie erholen sie sich von den Jedermann-Strapazen?
Ein befreundeter Architekt hat mir ein kleines Seehaus in Obertrum vermittelt. Das liegt 25 Minuten von Salzburg entfernt und da pendle ich mit dem Motorrad zu den Proben und Vorstellungen. Für mich soll in Salzburg die Arbeit mit dem Vergnügen einhergehen. In der Früh und nach den Vorstellungen springe ich in den See und genieße die Natur. Das erdet mich und hält den Trubel fern.
Gibt es noch einen Bezug zur Heimatstadt Graz?
Natürlich. Die Eltern und mein ältester Bruder wohnen in Graz, auch meine Freunde, die mich teilweise in Salzburg besuchen. Ich bin auch immer wieder gerne in Graz, um Freunde zu treffen und in die Gasthäuser zu gehen. Graz ist eine wunderschöne Heimat.
Wenn Sie daran glauben und entscheiden könnten – Himmel oder Hölle?
Natürlich die Hölle, wenn sie auch so ausschaut wie beim Jedermann. Aber wie im Leben gibt es immer beides – man muss offen sein für alles.
Wo zeigt der Teufel in ihrem Leben seine Fratze?
(Lacht und überlegt ein wenig) Am Tennisplatz kommt er raus und zwar in voller Wucht!
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