„Krone“-Salzburg-Chefredakteur Claus Pándi kommentiert die Eröffnung der Salzburger Festspiele.
Das Foto unten zeigt eine Szene aus den „Sternstunden der Menschheit“.
Stefan Zweigs Jahrhundertbuch ist bei den diesjährigen Salzburger Festspielen als Schauspiel zu erleben. Der Moment, der da auf der Bühne zu sehen ist: Die Kanone donnert – und die Beobachter halten sich die Ohren zu. Dieses Bild kam mir bei der Rede des Bundespräsidenten zur Eröffnung der Salzburger Festspiele in den Sinn. Alexander Van der Bellen setzte – wieder einmal – auf leichte, dezent ignorante Sommerkost. Ganz so, als wäre der Kanonendonner aus der Nähe und der Ferne nicht zu vernehmen.
Der erste Mann im Staat kann gut Witze erzählen. Über den Grant der Wiener, über Mozart, Lederhosen und angezuckerte Berge. Alexander Van der Bellen beherrscht das Fach der Späßchen. Warum auch nicht? Wir unterhalten uns doch alle gerne hin und wieder unter unserem Niveau.
Seine Rede nicht der Rede wert? Das ginge nun doch zu weit. Die Eröffnung der Festspiele ist ein Staatsakt. Und so öffnete der Bundespräsident gegen Ende hin den doppelten Boden der Ironie und der tieferen, bösen Bedeutung und zitierte den österreichischen Nationaldichter Franz Grillparzer mit dem allen Schulkindern bekannten Satz: „Es ist ein gutes Land.“
Beabsichtigt oder irrtümlich klingt da der Dreiklang des zeitlebens mit dem politischen Klarsehen beschäftigte Hofbeamte Grillparzer an: „Von der Humanität durch Nationalität zur Bestialität.“
So gilt nun bis zu den großen Wahlen im September: In Deckung bleiben bei Kanonendonner und fest die Ohren zuhalten und durch.
In scharfem Kontrast zum heiteren Herrn aus der Wiener Hofburg der Landeshauptmann. Wilfried Haslauer versteht die Rhetorik der Krise. Er weiß die Würde des Festakts zu wahren. Ein wenig entrückt vielleicht, dem Großformat angemessen. Da steht und redet einer, der sich Gedanken macht. Über die Lage der Welt, den Zustand des Landes, das Befinden jedes Einzelnen.
Haslauer spricht über die Dämonen in uns und um uns.
Wilfried Haslauer spricht von der Intoleranz und der Niedertracht, die unsere Gegenwart vergiftet.
Er spricht über den Verlust der Freude am Gelingen.
Haslauer spricht über die Engel im höheren Sinne und im realen Erleben.
Haslauer spricht über die menschliche Zerrissenheit.
Und er spricht darüber, dass wir viel öfter die Wahl haben, als wir glauben.
Sind da bei Wilfried Haslauer Selbstzweifel oder Selbstkritik herauszuhören? Gut so. Politische Entscheidungen, zumal wenn es um Macht und den Erhalt von Macht geht, sind nicht immer rein.
Haslauers Rede war eine Rede erster Güte. Sie ist der Rede wert.
Ja, wir amüsieren uns auch gerne auf höherem Niveau.
Im politischen und medialen Alltag wird, oft unvermeidbar, zu schnell und auch zu hart ins Gericht gegangen.
Die Salzburger Festspiele sind eine Gelegenheit, die Kunst des Lobens zu üben. Das sei an dieser Stelle getan.
Der Alltag kommt früher als uns lieb sein mag. Spätestens nach den Festspielen wird der Kanonendonner nicht mehr zu überhören sein. Und für immer kann man sich die Ohren auch nicht zuhalten. Sonst hat man seine Hände nicht frei.
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