Musicalsommer Kufstein

„Sister Act“: Ein Tänzchen mit dem Papst

Tirol
28.07.2024 16:00

Der Musicalsommer Kufstein überzeugt mit einer fabelhaften Inszenierung von „Sister Act“. Premierengäste wurden vom Schwung der Musik mitgerissen und dankten mit viel Applaus.

Die Geschichte von „Sister Act“ ist allgemein bekannt und deshalb schnell erzählt: Die etwas heruntergekommene Barsängerin Deloris van Cartier hat unfreiwillig einen Mord beobachtet und muss nun bis zum Prozess gegen ihren Ex-Freund, einen Mafiaboss, ins Zeugenschutzprogramm. Der heimlich in Deloris verliebte Polizist Eddie bringt die spitzzüngige, aber mit großem Herzen ausgestattete Sängerin aus diesem Grund an den Ort, wo man sie am wenigsten vermuten würde: in ein Benediktiner-Nonnenkloster.

Die richtigen Zutaten für ein sehr gutes Musical
So richtig spannend und unterhaltsam wird es, nachdem Deloris in dem noch vor der Außenwelt abgeschotteten Konvent der geistlichen Schwestern angekommen ist und erstmals mit der Mutter Oberin, welche sie in Folge „Mutti“ nennt, ideologisch aufs Heftigste zusammenprallt.

Der Musicalsommer Kufstein hat sich in seiner dritten Auflage nach „Evita“ und „Jesus Christ Superstar“ mit dieser Inszenierung merklich nach oben weiterentwickelt und zeigt, wie das Format Musical funktionieren kann, wenn man dafür die richtigen Grundvoraussetzungen schafft. Denn trotz einer Spieldauer (inklusive Pause) von über dreieinhalb Stunden, die ohne mitgebrachten Polster das Sitzfleisch arg strapazieren und den leichten Längen am Anfang der Handlung, fühlt man sich in Folge mehr als gut unterhalten und im einmaligen Ambiente der Festung Kufstein perfekt aufgehoben.

Bald tanzt der Papst mit. (Bild: Victor Klein)
Bald tanzt der Papst mit.

Aufwendiges Bühnenbild, passende Kostüme
Dafür sorgen das aufwendige Bühnenbild und die passenden Kostüme, welche von der aus dem Tiroler Landestheater bekannten Bühnen- und Kostümbildnerin Julia Neuhold stammen. Der Wechsel der Kulissen – wie von der schummrig, schmierigen „Pennies Bar“, über einen abgeschiedenen Hinterhof als Schauplatz des Mordes, hin zu Kirche und Kloster – wird innerhalb der Szenen von den Darstellern flüssig und schnell erledigt, da sich alle Bühnenelemente auf Rollen befinden.

Bei Solo-Einlagen wachsen Darsteller über sich hinaus
Die musikalische Leitung liegt nach „Evita“ wiederum bei Oswald Sallaberger. Sallaberger, bekannt als renommierter Geiger und Wagnerinterpret, scheint der Ausflug ins Musical-Genre Spaß zu machen und äußerst zu gefallen, was dem Publikum bei den Gesangseinlagen zugutekommt und manche Darsteller bei ihren Solo-Einlagen fast über sich hinauswachsen lässt. Der gebürtige Mailänder Vanni Viscusi hat in diesem Stück viel als Choreograf zu tun. Wobei hier sicherlich eine große Aufgabe darin besteht, die körperlich und vom Alter her unterschiedlichen „Nonnen“ tänzerisch in Einklang zu bringen. Es ist ihm dies augenscheinlich vortrefflich gelungen.

Die junge Carolin Waltsgott. (Bild: Berger Hubert)
Die junge Carolin Waltsgott.

Seit Jahrzehnten bekannter Regisseur
Das alles wird gesteuert und koordiniert durch die Regie von Michael Lerchenberg. Lerchenberg, primär im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten bekannt, ist Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Intendant. Er lehrt unter anderem an der Theaterakademie August Everding Hochschule für Musik und Theater in München im Studiengang Schauspiel und Musical. Lerchenberg, der schon etliche Musicals in seinem Leben inszenierte, vertraut auf eine Grundsatzregel von Otto Schenk, der einmal sagte: 50 Prozent vom Erfolg ist die Besetzung und 50 Prozent die Applaus-Regie.

Perfekt ausgewählte Besetzung der Rollen 
Es ist eine spannende, großartige Besetzung, welche noch neunmal bis 11. August mit stimmungsvollen Chorälen und rockig-poppigen Songs dem Himmel und der Erde Freude erweist und am Ende sogar den Papst zum Tanz animiert. Sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Siyou Isabelle Ngnoubamdjum in der Hauptrolle der Barsängerin Deloris Van Cartier, die ungewollt zur Schwester Mary Clarence mutiert. Eine großartige Gospelsängerin, die zudem, obwohl nicht ihr Hauptmetier, überzeugend im Schauspiel ist. Dazu ihr kongenialer Gegenpart, die Münchner Schauspielerin Viola von der Burg, als anfangs gestrenge Äbtissin. Die junge Musicaldarstellerin Carolin Waltsgott, die nicht nur optisch frappierend an die Schwester Mary Robert des Films, Wendy Makkena, erinnert, sondern diese ihr ebenbürtig spielt. Und Ex-Eurovisions-Teilnehmer Eric Papilaya als singend verliebter Polizist Eddie Souther.

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