Bomben und Morde

Separatisten auf Korsika im Clinch mit der Mafia

Ausland
14.01.2013 13:13
Auf der französischen Insel Korsika ist es mit der beschaulichen Ruhe spätestens seit Anfang Dezember vorbei, als zahlreiche Bomben explodierten und der bereits zwanzigste Einwohner in einem Jahr erschossen wurde. Hintergrund der Gewalttaten ist der Kampf zwischen Separatisten, die die Unabhängigkeit für die Insel fordern, und der Mafia, die immer mehr in den Massentourismus drängt und mit Grundstücken spekuliert. Nun hat die Regierung in Paris erneut versprochen, sich des Problems anzunehmen.

Die Eskalation der Gewalt ist vor allem auf die wachsende Beliebtheit Korsikas bei Touristen zurückzuführen: Während 1992 noch 2,4 Millionen Menschen auf Korsika urlaubten, waren es 2012 über 4,2 Millionen. So hat sich der Wert des Landes - drei Viertel der Küstenlinie sind unverbaut - in den letzen Jahren verfünffacht.

Die Mafia will daraus Profit schlagen, während die Separatisten die Kriminellen mit allen Mitteln von der Insel zu vertreiben möchten. Dominique Bianchi, ein ehemaliger Separatistenführer und Ex-Bürgermeister, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AP: "Auch wenn ich es (die Bombenattentate, Anm.) nicht gutheiße, kann ich es verstehen." Schließlich sei gerade eine "enorme Landspekulation" im Gang - "das ist eine Revolte". "Wir wollen nicht, dass unser Land in den nächsten zehn oder 15 Jahren ein Ort nur für reiche Pensionisten wird. Wir wollen nicht die nächste Côte d'Azur werden."

Blutige Anschläge der Separatisten
Auf der Insel herrsche ein Klima der Gesetzlosigkeit, berichtet die AP. Kein Wunder, treffen doch zwei äußerst gewalttätige Gruppen aufeinander. Auf der einen Seite die Separatisten: Unabhängigkeitsbestrebungen gibt es auf Korsika seit 1769, als Frankreich die Insel einnahm und ins Staatsgebiet eingliederte. 1976 wurde die Frontu di Liberazione Naziunalista Corsu gegründet, die bis heute mit blutigen Schusswechseln und Bombenattacken für die Unabhängigkeit von Frankreich kämpft.

Ihnen gegenüber steht die korsische Mafia, die in Frankreich wie auch den USA berüchtigt ist für ihre Gesetzlosigkeit - sie verdient mit Glücksspiel, Nachtklubs und Drogen Millionen. Die Mafiosi kehrten in den späten 1990ern zur Geldwäsche vermehrt nach Korsika zurück. Seither sind sie aber auch im Tourismus und der Grundstücksspekulation höchst aktiv.

31 Villen zerstört, immer wieder Morde
Nach lang andauernden Spannungen kam es am 7. Dezember letzten Jahres zu den bisher blutigsten Auseinandersetzungen auf Korsika: 31 unbewohnte Villen an der Küste wurden durch Bomben der Separatisten teils in Schutt und Asche gelegt (Bild), ein Nachtklub-Besitzer wurde erschossen - er war bereits das zwanzigste Mordopfer 2012, das mit dem Kampf Separatisten vs. Mafia in Verbindung gebracht wurde. Zuvor war unter anderem ein Strafverteidiger, der für den leidenschaftlichen Einsatz für Separatisten berühmt war, ermordet worden.

Nur eine Verurteilung auf 85 Morde
Mit nur 300.000 Einwohnern ist Korsika ob der Gewalt die "Mordhauptstadt" Frankreichs - doch Politik und Polizei scheinen machtlos. Das liegt zum einen am Gesetz des Schweigens, genannt "Omerta", aber auch an der Angst der Bevölkerung, bei einer Aussage in die blutigen Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. So kommt es, dass von 85 Morden und versuchten Attentaten auf Korsika in den letzten acht Jahren nur ein Fall zu einer Verurteilung führte.

Nun hat die französische Politik einmal mehr versprochen, das Problem anzupacken. Dass dies gelingt, bezweifeln die Einwohner der Insel allerdings - es fehle nicht nur an einem Zeugenschutzprogramm, sondern auch an adäquaten Strategien gegen Mafia und Unabhängigkeitsbewegung.

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