Laut, schrill, selbstbewusst und gemeinschaftlich: Der Brite Dominic Harrison aka Yungblud zählt zu den wichtigsten Sprachrohren der jungen Alternative-Rock-Szene und sieht sich und sein Projekt als allumfassend. In wenigen Tagen performt er am Frequency in St. Pölten, der „Krone“ erzählt er im Interview aus seinem aufregenden Leben.
Dominic Richard Harrison hat eigentlich alles, was ein Superstar braucht. Er stammt aus dem Pop- und Rock-Mutterland Großbritannien, ist – auch weil er an ADHS leidet – ständig quirlig und extrovertiert, er weiß sich optisch und auch verbal breitenwirksam zu inszenieren, kann auf eine Menge Songs zwischen Pop, Rock, Punk und etwas Elektronik zurückgreifen und ist zudem ein fabelhafter Netzwerker, der schon mit unterschiedlichsten Acts von Ozzy Osbourne über The Whos Roger Daltrey bis hin zu Will Smiths Sohn Willow zusammengearbeitet hat. Nebenbei sieht er auch noch aus wie eine junge, der heutigen Generation Z entsprechende Version von Mick Jagger und nennt sich nonchalant Yungblud. Mit seinem immer noch aktuellen, dritten Studioalbum „Yungblud“ eroberte er 2022 zum zweiten Mal die Spitze der britischen Charts und setzte sich auch bei uns ganz oben fest.
Moshpit am Frequency
Nebenbei ist er Live-Stammgast in unseren Gefilden und begeisterte schon im Wiener Gasometer, bei zwei schwitzigen Secret-Shows in der viel zu kleinen Szene, in der Arena, beim Nova Rock und beim Frequency 2019. Bevor er in wenigen Tagen wieder an die alte Wirkungsstätte zurückkehrt, erinnert er sich im „Krone“-Gespräch freudig an das letzte Stelldichein zurück. „Unvergessen. Es begann zu regnen und beim letzten Song meines Sets gab es den größten Moshpit des Tages. Das Frequency ist ja ein Pop-Festival, aber die Kids gingen völlig steil. Österreich ist ein verdammt guter Boden für mich. Ich liebe es, hier zu spielen.“ Mit falscher Bescheidenheit hält sich Yungblud nicht lange auf. Der 27-Jährige spricht seine Ziele klar aus. „Ich will ein Stadion-Rock’n’Roll-Star werden, das ist ganz klar. Das ist möglich, denn die Rockmusik kommt bei den jungen Leuten endlich wieder an. Es geht immer um die Jugendkultur und da bin ich momentan goldrichtig aufgehoben.“
Harrisons Idole gehören zum A&O der Gitarrenmusik und streifen durch alle Generationen. Darunter befinden sich die Beatles, Oasis, The Clash, The Cure, Bob Dylan, Green Day und die Arctic Monkeys, aber auch Eminem, Katy Perry oder Post Malone. Yungblud setzt sich weder im Look, noch in seinem Sound irgendwelche Grenzen und reißt Mauern ein, noch bevor sie überhaupt aufgebaut wurden. Optisch ist er eine Mischung aus Johnny Rotten, Robert Smith, Marilyn Manson und Mick Jagger. Gothic-Chic verbindet sich mit Punkrock-Gestus und Emo-Kante. Im Gegensatz zu den Rock-Superstars der Vergangenheit macht der Brite auch nicht auf dicke Hose. Seine Songs sind direkt von den Fans inspiriert und drehen sich um Themen wie Genderfluidität, Unsicherheiten, Burn-Outs und die Suche junger Menschen nach einem Platz in einer Gesellschaft voller Umbrüche.
Niederschwellig zugänglich
„Mir geht es um die Community und die Bewegung. In der Branche reden alle von Hits. Sie wollen Chart-Erfolge von mir haben – fuck that! Yungblud ist der Hit und Yungblud bin nicht ich, das sind wir alle. Wir wollen Spaß haben, die ernsten Seiten des Lebens benennen und damit die Welt besser machen. Ich spielte früher vor 50 Leuten und nahm mir mit Bier und Zigarette immer eine halbe Stunde Zeit, um danach mit den Fans zu quatschen. Jetzt kommen Tausende und das geht nicht mehr so gut, aber ich liebe den direkten Kontakt. Wir alle sind eins.“ Nicht zuletzt die niederschwellige Zugänglichkeit, die Harrison auf und abseits der Bühne trotz seines markanten Rockstar-Gestus ausstrahlt, sorgt für seinen überbordenden Erfolg. Mittlerweile hat er mit dem „Bludfest“ schon sein eigenes Festival auf die Beine gestellt, eine Epiphone-Signature-Gitarre wurde ihm auch gewidmet.
„Ich habe unlängst mit Steve Jones von den Sex Pistols gesprochen. Sie, The Clash, The Damned und wie sie alle heißen, haben die Musikwelt Ende der 70er-Jahre völlig aus den Angeln gehoben. Heute sind sie älter und blicken freudig auf die jüngere Generation. Ich finde es großartig, dass ich gemeinsam mit Künstlern wie Lil Peep, Mac Miller, Billie Eilish oder Lil Nas X Teil dieser neuen Bewegung bin. Sie ist musikalisch unterschiedlich, aber wir alle stehen für eine sexuelle Revolution ein. Für Identität und Individualität und für ähnliche Werte. Die Welt heute gehört uns und wir sind der Rock’n’Roll der Gegenwart.“ Das überbordende Selbstvertrauen hat sich Yungblud mit seinen Erfolgen verdient, die Unsicherheiten des einstigen Problemkindes, der seinem Lehrer schon mal vor versammelter Klasse die Hose herunterzog, sind nicht zuletzt durch die Musik verschwunden. „Unsere Shows sind energetisch und wild, aber es geht am Ende immer um die Liebe. Die Liebe steht über allem.“
Yungblud sind alle
An seinem nächsten Studioalbum arbeitet Yungblud sicher schon beharrlich, auch wenn er sich – ganz seine Generation – nicht auf die herkömmliche Art von Musikveröffentlichungen versteifen möchte. Den Kampfgeist, sich und seine Wünsche zu durchzusetzen, besitzt er. „Ich fühlte mich in jeder Hinsicht immer unterdrückt. Egal, ob es um meine Sexualität, meinen Look, mein Outfit oder um mein Verhalten ging. Alle haben mich immer für verrückt gehalten und gemeint, so wird das nichts im Leben. Die Musikindustrie hat mich auch geschnitten. Aber die Menschen waren immer da. Ich bekam Zuspruch, wir haben gemeinsam eine Bewegung aufgebaut. Yungblud sind wir alle und wir alle sind weltweit miteinander verbunden. Mittlerweile spiele ich vor Tausenden Menschen auf den größten Festivals in Österreich und werde außerdem auch noch im Radio gespielt. Dabei bin ich erst ganz am Anfang und habe noch unheimlich viel zu sagen.“
Live am Frequency
Yungblud spielt am Donnerstag, 15. August, wieder beim Frequency Festival und wird neben seinen großen Hits sicher auch die eine oder andere neue Nummer vorstellen. Unter www.frequency.at gibt es noch alle weiteren Infos und auch die noch verbliebenen Kartenoptionen.
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