Empörung in der EU
Ungarn buhlt jetzt um russische Gastarbeiter
In der Europäischen Union gibt es Empörung über vorteilhafte ungarische Sonderregeln für Gastarbeiter aus Russland und Belarus. Brüssel fürchtet Schlupflöcher für Spionageaktivitäten.
Angesichts des geopolitischen Kontexts der EU-Beziehungen zu Russland und Belarus sei ein solcher Mechanismus höchst fragwürdig und werfe sehr ernste Sicherheitsbedenken auf, schrieben Spitzenvertreter der europäischen Parteienfamilie EVP an EU-Ratspräsident Charles Michel.
Sorge vor Schlupflöchern
Das Vorgehen könne ernsthafte Schlupflöcher für Spionageaktivitäten schaffen und einer großen Anzahl von Russen ermöglichen, mit minimaler Überwachung nach Ungarn und in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum einzureisen. Konkret fordern die Spitzenvertreter der EVP den EU-Ratschef dazu auf, die Situation zu prüfen und beim nächsten EU-Gipfel diskutieren zu lassen.
Ziel müsse es sein, strenge Maßnahmen zu ergreifen, um die Integrität des Schengen-Raums zu schützen, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Er wurde unter anderem von dem deutschen EVP-Vorsitzenden und CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber unterzeichnet. Das bereits entstandene Sicherheitsrisiko sei zu begrenzen.
Quasi unbefristeter Aufenthaltsstatus
In Ungarn gibt es bereits seit Längerem für Gastarbeiter Sonderregeln. Sie galten bisher allerdings nur für Ukrainer und Serben und wurden erst diesen Monat auch auf Personen aus Russland und dessen Partnerland Belarus ausgeweitet. Der Regelung zufolge können Gastarbeiter für zwei Jahre kommen und danach ihren Aufenthalt jeweils für drei Jahre verlängern lassen, so oft sie wollen. Sie dürfen arbeiten, in welchem Beruf sie wollen. Um von der Regelung profitieren zu können, müssen sie allerdings beweisen, dass sie in Ungarn Job, Unterkunft und Krankenversicherung haben.
Die für die Kontrolle der Einhaltung von EU-Recht zuständige Europäische Kommission kündigte an, den Kontakt mit den ungarischen Behörden suchen zu wollen, um weitere Informationen zu der Sonderregelung zu bekommen. Russland gelte als Sicherheitsbedrohung für die EU, sagte eine Sprecherin in Brüssel.
Ungarn ohnehin in der Kritik
Die Regierung des rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sorgt mit ihren engen Russland-Kontakten immer wieder für Schlagzeilen. Zuletzt reiste Orbán ohne Abstimmung mit EU-Partnern zu Gesprächen mit Kreml-Chef Wladimir Putin nach Moskau. Dies stieß auf Kritik – vor allem, weil Ungarn derzeit den rotierenden EU-Ratsvorsitz innehat.
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