Der Unmut der Bauern wegen der Neuvergabe der Pfründe wächst. Viele wollen sich jetzt von der Kirche zurückziehen.
Ernste Gesichter Freitagmorgen auf einem Acker in St. Margarethen. Rund 70 Landwirte haben sich versammelt, um mit Transparenten mit Aufschriften wie „Stoppt den Kapitalismus des Bischofs“ gegen die Neuverpachtung der Pfarrpfründe durch die Diözese zu protestieren. Bereits länger rumort es unter den Bauern, weil vom Bischofshof die alten Verträge aufgelöst und neu ausgeschrieben wurden. Nicht alle bisherigen Pächter konnten bei dem Bieterwettbewerb preislich mithalten, was für Ärger sorgt.
„Temporärer Austritt“ als Reaktion
„Meine Enkeltochter ist schon aus dem Pfarrgemeinderat ausgetreten, meine Frau geht seither kaum mehr in die Kirche und meine Tochter hat die Lektorendienste gekündigt“, sagt der durch sein Online-Video bekannt gewordene „Wutbauer“ Josef Dorner aus Markt St. Martin. Seine Familie überlege sogar einen „temporären Austritt“ aus der Kirche als Reaktion auf das Vorgehen der Diözese.
Kündigung noch vor der ersten Ernte
Ähnlich Landwirt Josef Freismuth: Etwa zehn Prozent der bisherigen Fläche werde er durch die Neuvergabe verlieren. Bei den jetzt aufgerufenen Preisen könne er nicht mitgehen. „Das sind unseriöse Angebote.“ Die Folge sei, dass das Bauernsterben und die industrielle Landwirtschaft weiter gefördert würden. Die bekannte Bio-Landwirtin Martina Schmit ist ebenfalls betroffen. Sie hat in den vergangenen Jahren viel Geld investiert, um den Boden zu revitalisieren, heuer ist die erste Ernte. „Und noch bevor die Ernte war, haben wir schon die Kündigung erhalten.“ Weil sie schon so viel Geld investiert habe, könne sie nicht aus und werde den höheren Pachtpreis zahlen.
„Gott ist eh überall“
„Mich stört die Art und Weise, wie die Kirche in der Sache vorgegangen ist“, sagt Landwirt Leonhard Gabriel. Den Pachtpreis anzupassen, sei grundsätzlich legitim. „Man kann ja miteinander reden.“ Aber zu den jetzt genannten Preisen sei es nicht mehr wirtschaftlich. Zumal die Preise durch die vertragliche Indexanpassung gemäß Verbraucherpreisindex weiter steigen würden. Wie können sich das dann die anderen Bieter leisten? „Das verstehe ich auch nicht“, so Gabriel. Er will aus der Kirche austreten. „Gott ist eh überall, dafür brauche ich keinen Kirchenbeitrag zahlen.“
Werden jetzt Private nachziehen?
Die ÖVP-Landtagsabgeordnete Julia Schneider-Wagentristl, selbst Landwirtin in Kleinfrauenhaid, zeigte sich solidarisch mit den Bauern. „Ich habe die Angst, dass die Privaten jetzt nachziehen und denselben Preis fordern, den die Kirche bekommt. Da wird man sich die Frage stellen müssen, ob man das noch wirtschaftlich darstellen kann. Wir haben keine Indexanpassungen.“
Nur Burgenländer kommen zum Zug
Beim Bischofshof betont man, dass die Diözese niemals irgendwelche Preise vorgegeben habe. Die jetzt genannten Zahlen seien Angebote von anderen Landwirten. Zudem gebe man den Altpächtern auch immer die Möglichkeit, das Angebot nachzubessern, worüber viele dankbar seien. Zum Zug kommen würden ausschließlich Burgenländer, außer die bisherigen Pächter waren bereits Nichtburgenländer. „Wir können versichern, dass wir mit bestem Wissen und Gewissen die Vergabe objektiv abgewickelt haben“, heißt es.
Zweite Welle nächstes Jahr
Heuer geht es um kirchliche Grundstücke in 105 Gemeinden für die es über 5000 Angebote von 1600 Landwirten gab. Nächstes Jahr werden die Flächen in den restlichen Gemeinden neu vergeben. Den Vorwurf, dass ausschließlich Großgrundbesitzer zum Zug kommen würden, weist man beim Bischofshof zurück.
Protest könnte zu spät sein
Da das Bieterverfahren schon abgeschlossen ist, dürfte der jetzige Protest der Bauern nicht mehr viel ändern. Laut Diözese befindet sich der Prozess der Neuvergabe in der finalen Phase. Anfang kommender Woche werden die neuen Pachtverträge verschickt.
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