Küss die Hand! Alfons Mensdorff-Pouilly ist ein Gentleman der alten Schule. Grauer Anzug, goldene Manschettenknöpfe, weißes Stecktuch. Die dunkle, getupfte Krawatte vom Tag der Urteilsverkündung hat er gegen eine leuchtend rote mit goldenen Löwen getauscht. Sieht doch gleich viel freundlicher aus.
Seine Firma in einem Wiener Ringstraßen-Palais, gleich neben dem Hotel "Imperial", trägt den unaufdringlichen Namen "MPA Handelsgesellschaft m.b.H.". Hier sollen Millionen geflossen sein, Geldwäsche konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Gerade einmal zwei Monate bedingt brummte ihm das Gericht am vergangenen Donnerstag für die Vorlage eines gefälschten Beweismittels auf.
Dementsprechend entspannt sinkt der geheimnisvolle Graf in die tannengrüne Chesterfield-Couch; englischer Stil. Beim "Krone"-Interview vor einem riesengroßen goldenen Spiegel sind auch die beiden Anwälte Mag. Harald Schuster und Dr. Sascha König anwesend. Letzteren hat "Graf Ali" während seiner U-Haft im Häfn kennengelernt und aus "Solidarität" verpflichtet. Stoppen können ihn die zwei Juristen in seinem Redefluss freilich nicht.
Hier gibt's drei Audio-Mitschnitte vom Interview: Alfons Mensdorff-Pouilly über die Wehrpflicht-Volksbefragung, Ernst Strasser und seinen Sohn.
"Krone": Herr Mensdorff, Sie wirken beinahe vergnügt... Haben Sie die Strafpredigt Ihres Richters schon so gut verdaut?
Alfons Mensdorff-Pouilly: Nein. Und das wird auch eine Weile dauern. Ich muss ehrlich sagen, seit ich klein war - da hat's auch Ohrfeigen gesetzt, wenn ich zu faul war zum Lernen -, habe ich so was nicht mehr erlebt. Da gehe ich nicht einfach drüber hinweg.
"Krone": Zwei Monate bedingt für die Vorlage eines gefälschten Beweismittels war dem Richter offenbar nicht genug - er meinte, ob Sie sich noch in den Spiegel schauen können, müssten Sie sich selbst fragen. Haben Sie das gemacht?
Mensdorff-Pouilly: Gestern habe ich mich nicht getraut, in den Spiegel zu schauen. Heute morgen, beim Rasieren, war's nötig. Ich dachte mir: "Vergiss nicht, was der gesagt hat! Denk weiter drüber nach!"
"Krone": Die Sache stinke, sie stinke aber nicht genug. Und: Die Suppe sei zu dünn.
Mensdorff-Pouilly: Was die doch eher simple Ausdrucksweise betrifft, so hat er mich als Bauern wahrscheinlich so eingeschätzt, dass ich nur das verstehe. (lacht)
"Krone": Stefan Apostol bezeichnet Ihre Geschäftspraktiken als "moralisch bedenklich".
Mensdorff-Pouilly: Ich weiß nicht, welche Praktiken er da gemeint haben kann, aber im Prinzip hat er recht, wenn er sagt: "Sie schieben da mit Hunderttausenden Euro herum und andere Leute müssen für sieben Euro pro Stunde arbeiten."
"Krone": Sollte ein Richter nicht juristische Urteile fällen? Seine Aussagen waren mehr moralischer Natur.
Mensdorff-Pouilly: Ich glaube, das ist ihm überlassen, ob er seine eigene Meinung kundtun will. Manchmal übertreiben es Richter diesbezüglich ja, aber nicht bei mir.
"Krone": Spielen Sie jetzt den reumütigen Sünder, weil Sie es sich mit der Justiz nicht verscherzen wollen? Es laufen ja noch ein paar Ermittlungsverfahren gegen Sie...
Mensdorff-Pouilly: Nein. Ich bin dem Richter dankbar, dass er trotz sechsjähriger Medienkampagne und Vorverurteilung auf dem Boden der juristischen Realität geblieben ist. Ich gebe ganz ehrlich zu: Davor habe ich Angst gehabt, dass das nicht der Fall sein wird. Ich bin ja schon gespannt, was das "profil" am Montag schreiben wird, das sechs Jahre auf mir herumgehackt hat. Die werden den Freispruch gleich vergessen und sich auf die nächste Sache stürzen. Deshalb bin ich am Donnerstag auch so schnell aus dem Saal verschwunden, sonst hätte ich es denen einmal ordentlich reingesagt.
"Krone": Der Richter sagte, die Redewendung "im Zweifel für den Angeklagten" habe durch Sie eine neue Dimension bekommen. Sind Sie jetzt fein heraus?
Mensdorff-Pouilly: Ich bin froh, dass es abgeschlossen ist. Natürlich ist es nie lustig, verurteilt zu sein. Aber die zwei Monate bedingt, von denen werden ja fünf Wochen für die U-Haft abgezogen, also bleiben nur drei Wochen übrig. Darum hab' ich sie sofort angenommen. Und nachdem ich nicht vorhabe, noch was anzustellen, werde ich sie auch nicht absitzen müssen.
"Krone": Der Staatsanwalt hat Berufung eingelegt. Glauben Sie, dass das Urteil halten wird?
Mensdorff-Pouilly: Ich bin kein Jurist. Kann ich nicht sagen. (dreht sich zu den Anwälten) Meine Herren, was meinen Sie? Sie gehen davon aus, dass es halten wird, weil die Fakten, die am Tisch liegen, nicht ausreichend waren. Das ist einfach so.
"Krone": Sie haben vor Gericht sehr souverän gewirkt. Hilft Charme vor dem Richter?
Mensdorff-Pouilly: Da muss man sehr vorsichtig sein. Wenn man nicht gleich zerknirscht dort sitzt, könnte es als überheblich gewertet werden. Ich bin in dem Gefühl dort gesessen, das, was man mir vorwirft, sicher nicht angestellt zu haben. Wenn sie mir nicht geglaubt hätten, wäre es Pech gewesen, so wie wenn sie es mir jetzt auch nicht glauben, aber es mir auch nicht beweisen können.
"Krone": Ihr 19-jähriger Sohn war am Donnerstag im Gerichtssaal anwesend. Wie hat er das Urteil aufgenommen?
Mensdorff-Pouilly: Meinem Sohn war es wichtig, das alles vom Richter zu hören und nicht aus den Zeitungen zu erfahren. Wenn es bei mir vielleicht schon zu spät ist, weil ich bald 60 bin, so ist es für meinen Sohn noch nicht zu spät, sich das zu Herzen zu nehmen.
"Krone": Was wird sich jetzt ändern?
Mensdorff-Pouilly: Ich werde alle Geldflüsse nachvollziehbar machen. Und ich werde - was ich wirklich hasse - viel mehr dokumentieren. Ich hab' da hinten schon einen Zettel hergerichtet, wo ich aufschreibe, für wen ich wie viele Stunden gearbeitet habe. Ich akzeptiere das sehr ungern, dass man als Unternehmer so etwas machen muss...
"Krone": Eine Million Euro Honorar sei nicht so viel Geld, haben Sie oft argumentiert und sich in die Nesseln gesetzt.
Mensdorff-Pouilly: Darum sage ich auch immer: Ich bin auf die Butterseite gefallen. Wenn ich meine paar Hektar beackert hätte da unten im Burgenland, mit Schwielen auf den Fingern, hätte sich keine Sau um mich geschert. Aber ich hab' mich eben rausgelehnt, da muss man damit rechnen, dass einem von oben ein Kübel Wasser über den Kopf geschüttet wird.
"Krone": Fehlt Ihnen vielleicht das Verständnis für Leute, die nicht auf die Butterseite gefallen sind?
Mensdorff-Pouilly: Ich glaube nicht, weil ich sehr viele Menschen finanziell unterstütze. Und dann ruft mich ein Pfarrer an, den ich gar nicht kenne, und fragt: "Warum haben Sie dem was gegeben und nicht seinem Nachbarn? Der hat eh genug Geld." Ich will das aber nicht allzu sehr ausbreiten hier, denn ich habe eh schon genug Schnorrereien, und keine Organisation, die alle diese Ansuchen prüft.
"Krone": Wie wird sich die Verurteilung auf Ihre Geschäfte auswirken?
Mensdorff-Pouilly: Die hat sich ja schon ausgewirkt. Ich meine, die großen Sachen nehme ich auch gar nicht mehr an. Ich habe da meine paar Firmerln und es werden schon noch ein, zwei neue dazukommen, aber ich brauche keine Flugzeuggeschichten mehr, wo ich mich deppert hackle für nichts als Probleme.
"Krone": Umsatzrückgänge?
Mensdm Herrn Generaldirektor sagen, zwei Monate sind zu viel, dann wird sich nichts mehr tun. Aber die Generaldirektoren sagen dann vielleicht: Die Compliance-Leute sind nicht glücklich, aber wir brauchen ihn trotzdem. Ich weiß schon, dass viele gehofft haben, dass ich jetzt endgültig pleite bin, aber so weit ist es noch lange nicht.
"Krone": Ernst Strasser hat drei Tage vor Ihnen wegen Bestechlichkeit vier Jahre unbedingt bekommen - und auch eine Moralpredigt des Richters. Tut er Ihnen leid?
Mensdorff-Pouilly: Menschlich gesehen auf jeden Fall. Einen Unbescholtenen, der ja gar nicht 100.000 Euro genommen hat, sondern lediglich erklärt hat, er würde sie nehmen, für vier Jahre einzulochen, das ist doch absurd. Sicher, der Strasser hat vielleicht einen Blödsinn gemacht, aber er hat auch gehackelt für die Republik. Wir werden bald überhaupt nur noch Volltrotteln kriegen als Politiker. Kein Mensch wird sich das mehr antun.
"Krone": Wird das Strasser-Urteil halten?
Mensdorff-Pouilly: Die Höhe jedenfalls nicht. Dafür lässt man einen mehrfachen Vergewaltiger mit einer Fußfessel herumlaufen. Ich meine: Hallo?
"Krone": Sie zweifeln an der Unabhängigkeit der Justiz?
Mensdorff-Pouilly: Ich glaube, dass die Justiz zu viel Angst hat. Ich glaube, dass wir eine Medienjustiz haben. Wenn das Volk Blut sehen will, dann gibt es halt Richter, die leichter zu bewegen, sind und solche, die mehr Charakter haben. Im Fall Strasser wollten die Medien und das Volk Blut sehen. Der ist jetzt sein Leben los. Auch bei mir haben sie in den Postings geschrieben: Hängt die Sau auf!
"Krone": War seine Geheimdienst-Version nicht etwas abenteuerlich?
Mensdorff-Pouilly: Vielleicht hat er einfach niemandem getraut... Er hat in der Polizei ja sehr viele Köpfe gekillt. Man musste sich nur anschauen, wer in dem Schwurgerichtssaal in den hinteren Reihen gesessen ist! Lauter rausgeschmissene Generäle, die ihre Messer gewetzt haben.
"Krone": Wird er es schwerer haben im Häfn als ehemaliger Innenminister?
Mensdorff-Pouilly: Im Häfn ist es für keinen lustig. Dort gibt's nur eine Überlebensstrategie: Abfinden und eingliedern! Insofern ist das Bundesheer die beste Vorbereitung für den Häfn. Da wirst du auch um halb sieben aus dem Bett gehaut, musst alles putzen und waschen und anschließend stundenlang im Gatsch herumrennen. Eine höhere Ordnung sagt dir, was du zu machen hast.
"Krone": Und das finden Sie gut?
Mensdorff-Pouilly: Ja. Einem erwachsenen jungen Menschen schadet es nicht, einmal in seinem Leben auch etwas zu machen, was er vielleicht nicht für richtig hält. Den meisten hat doch die Mama die ganze Zeit nur die Haare gekrault und alle Probleme aus dem Weg geräumt.
"Krone": Herr Mensdorff, wie geht es eigentlich Ihrer Frau, Maria Rauch-Kallat, jetzt?
Mensdorff-Pouilly: Ich glaube, sie ist beruhigt. Sie hat das Ganze ja auch sechs Jahre lang gespürt. In der ÖVP sind sie doch reihenweise von ihr abgerückt.
"Krone": Und trotzdem bleiben Sie dieser Partei treu?
Mensdorff-Pouilly: Es bleibt mir leider nichts anderes übrig.
"Krone": Worauf freuen Sie sich dieses Wochenende, nach sechs Jahren Rechtsstreit, am meisten?
Mensdorff-Pouilly: Dass mit der letzten Jagd am Samstag die Saison vorbei ist und alles ist gut gegangen. Vor allem aber freue ich mich, am Sonntag nach der Volksbefragung im Tiefschnee reiten zu gehen.
"Ich bin Bauer"
Geboren am 7.9.1953 in Wien als Nachkomme des aus Lothringen stammenden Adelsgeschlechts Mensdorff-Pouilly. Der Großgrundbesitzer, Forstwirt und Jäger ist als Unternehmensberater tätig, bezeichnet sich selbst jedoch gerne als "Bauer". Seit 1994 ist "Graf Ali" mit der ehemaligen ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat verheiratet. Das Paar bewohnt ein Schloss mit Jagd- und Forstbetrieb im burgenländischen Luising.
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