Konzertkritik

„Zeitklang im Museum“: Avantgarde war gestern

Menschen
05.08.2024 06:00

Die zweite Ausgabe von „Zeitklang im Museum“ geriet am Freitagabend in Bregenz zum fulminanten Publikumserfolg. Das Ende war allerdings nur wenig aufregend. 

Der „Wiener Concert-Verein“, ein Kammerorchester, das eng mit den Wiener Symphonikern verbunden ist, besteht seit nunmehr 35 Jahren und trat vormals im Rahmen der Bregenzer Festspiele auf. Nun arbeitet das sympathische Ensemble mit dem „vorarlberg museum“ zusammen und präsentiert dort jeden Sommer zeitgenössische Musik aus Österreich und immer auch aus Vorarlberg.

Der „Zeitklang“ am Freitagabend begann im Atrium des Hauses mit dem Werk „Januskopf“ von Michael Amann. Die Akustik des Raums kam dieser Komposition für Harfe (Leonor Maia) und zwei Violinen (Hyewon Lim und Anastasija Maximov) sehr entgegen, denn man hörte zarte, wie improvisiert wirkende Klänge, die viel Zeit zur Entfaltung bekamen.

„Comeback“ von Tonalität und Sinnlichkeit
Das so behutsam begonnene Konzert wurde nun verlagert in den Saal im ersten Stock, wo man Wolfram Wagners „Die vier Temperamente“ erlebte, ein Konzert für Marimbaphon (Solist Thomas Schindl) und Streicher. Unter der Gesamtleitung von Martin Kerschbaum wurde engagiert musiziert, sodass der Phlegmatiker, der Choleriker, den Melancholiker und schließlich der Sanguiniker gut charakterisiert wurden.

Der „Zeitklang“ startete im Atrium des „vorarlberg museum“ mit dem Werk „Januskopf“ von Michael Amann. (Bild: Wiener Concert-Verein)
Der „Zeitklang“ startete im Atrium des „vorarlberg museum“ mit dem Werk „Januskopf“ von Michael Amann.

Wolfram Wagner stammt aus Wien bzw. Oberösterreich, und in einem ähnlichen geografischen Radius bewegt sich auch das Leben des 1954 geborenen Axel Seidelmann. Aus seinem reichen Oeuvre hat man „Eine kleine Streichmusik“ ausgewählt, die er im Austrag eines Jugendorchesters geschrieben hat. Es sollte Lust auf Musik machen und für Musikschüler spielbar sein – und diese Prämissen hat Seidelmann nicht nur erfüllt, sondern es ist ein auch für das Publikum sehr gut hörbare Musik geworden. Es fiel übrigens den ganzen Abend lang auf, dass sich Komponisten wieder trauen, sinnlich, tonal und ansprechend zu schreiben. Die „Avantgarde“ war also gestern.

Am Ende prickelte es – zumindest ein wenig
Um das letzte Werk des Abends wurde vor und nach dem Konzert viel Aufhebens gemacht. Es nannte sich „Die Abenteuer der Frau Mayer“ und war ein Konzert für zwei Sprecher, Viola und Streicher, komponiert von Friedrich Philipp Pesendorfer alias Flip Philipp. Der Text stammte von Isabella Stepanek, die auch sprach und den Violapart innehatte. Es war im Moment amüsant zu hören, wie sich Frau Mayer und ihr Mann Ernst wegen zunehmender sexueller Langeweile sich auf einer Dating-Plattform ihre Bedürfnisse offenbarten, doch schlussendlich erwies sich das Ganze als wenig aufregend. Vor allem aber hatten die Musik und der Text kaum etwas miteinander zu tun.

Das Publikum applaudierte heftig („Sex sells“) – und kurz darauf eilten die im Publikum und auf dem Podium anwesenden Symphoniker ins Festspielhaus zur See-Aufführung des „Freischütz“.

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