Kräftig elektrisierend

BMW CE 02: Eine Spur Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Motor
11.08.2024 10:00

Was bist du eigentlich? Bei Zweirädern ist die Geschlechts-Unterscheidung bisweilen schwierig. DER Roller oder DIE – äh, Moment, es heißt ja DAS Motorrad. Trotzdem werden die Fahrzeuge weiblich bezeichnet. Auch bei BMWs Elektroflitzer CE 02 ist es nicht ganz klar. Die gute Nachricht: Es ist komplett egal, er macht einfach Spaß.

(Bild: kmm)

Als Roller prinzipiell einen freien Durchstieg hatten, war es leicht, sie zu klassifizieren, mittlerweile ist das kein Kriterium mehr. Den BMW CE 02 würde ich eigentlich als Moped bezeichnen, trotzdem kommt mir das „der“ am stimmigsten vor. BMW selbst hat einen eigenen Phantasieausdruck erfunden: eParkourer. Der eParkourer.

(Bild: Daniel Kraus)

Interessant, was das Marketing manchmal für Verrenkungen performt. Wie gut, dass man auch das nicht ernst nehmen muss. Dazu ist der CE 02 viel zu frisch und ungezwungen. Das kleine Ding macht einfach gute Laune und steht eher in der Tradition einer Honda DAX als in der von jungen Menschen, die ebenso beeindruckend wie waghalsig von Balkon zu Balkon, Haus zu Haus oder einfach nur in Saltos quer durch die Stadt springen (dieser Akrobatik-Sport heißt Parkour).

Springen wird man mit dem CE 02 eher nicht, obwohl er mit seinem hohen, breiten Lenker so wirkt, als könnte man mit ihm wilde Kunststücke aufführen. Er ist kein Offroader, man kann nicht mal wirklich gut im Stehen fahren, obwohl die Geometrie dazu einlädt. Irgendetwas drückt da lästig in den Unterschenkel.

(Bild: BMW)
(Bild: BMW)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Fürs Durchwuseln durch den Berufsverkehr ist er aber perfekt geeignet. Also für das, was man neudeutsch als commuten bezeichnet. Bei dem Straßenlärm fällt auch das vernehmliche Sirren nicht auf, das CE-02-Piloten begleitet. Das Handling ist mit den 14-Zoll-Ballonreifen jedenfalls prächtig. Er wiegt zwar 132 kg, aber der Schwerpunkt ist niedrig und das fehlende Heck ist auch praktisch. Fehlt nur noch ein automatischer Zähler, der jedes überholte Auto mittrackt.

Was wirklich fehlt, ist ein Typ-2-Anschluss. Die beiden (zu Pflege- und Wartungszwecken herausnehmbaren) 48-Volt-Akkupacks mit jeweils 1,96 kW Kapazität lassen sich nur an einer Standardsteckdose aufladen. Serienmäßig ist ein leerer Akku nach gut fünf Stunden wieder voll, mit dem optionalen stärkeren Ladegerät dauert es dreieinhalb Stunden. 20 bis 80 Prozent dauert 168 bzw. 102 Minuten.

Spritzig unterwegs
11 kW/15 PS leistet der fremderregte Synchronmotor, mit 55 Nm schiebt er richtig ordentlich an. Ordentlicher als jede Verbrenner-125er, die man mit A1-Schein oder B mit Code 111 fahren darf. Man kommt ruckzuck quer durch die Stadt. Wenn die Ampel auf grün schaltet, sprintet der CE 02 in 3,0 Sekunden auf Tempo 50. Mit einem Höchsttempo von 95 km/h erobert man auch die Stadtautobahn oder das nähere Umland. Die Reichweite wird offiziell mit 90 Kilometer angegeben, realistisch sind auf jeden Fall mehr als 70 Kilometer.

Das Fahrwerk (Telegabel, Einarmschwinge mit direkt angelenktem Federbein) gibt sich keine Blöße. Die Bremsen sind nur vorn ABS-reguliert, das Hinterrad kann und darf jedoch blockieren. So kann man gerne mal halbstark quer zum Stehen kommen, wenn einem danach ist.

Man sitzt sehr aufrecht auf dem BMW CE 02. Der Lenker ist hoch, die flache Sitzbank liegt wie ein Brett auf 75 Zentimeter Höhe. Die Handhebel sind einstellbar, die Fußrasten so angebracht, dass man im Solobetrieb je nach Ambitionen entspannt-relaxed die Fahrerfußrasten verwendet und wie auf einem Cruiser thront oder seine Füße sportlich-dynamisch auf den Soziusfußrasten platziert. Das ändert tatsächlich den Charakter des Fahrzeugs – oder eher den des Fahrers. Eine Spur Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Mit den hinteren Fußrasten wird die Sitzposition aktiver. (Bild: Daniel Kraus, BMW)
Mit den hinteren Fußrasten wird die Sitzposition aktiver.

Die Motorkraft wird über zwei Riemen übertragen: Der eine (auf der rechten Seite) läuft zwischen Motor und einer Welle, der andere (links) treibt das Rad an. Beim Beschleunigen wird Radschlupf unterbunden, beim Rekuperieren das Blockieren des Hinterrades. Rangieren ist ein Kinderspiel: Auf Knopfdruck läuft der Motor rückwärts, was einem Rückwärtsgang entspricht.

Das 3,5-Zoll-Micro-TFT-Display ist Serie, ebenso eine USB-C-Buchse zum Laden des Handys, das per Bluetooth connectet wird. Optional gibt es eine Halterung dafür, sodass man es als zweites Display nutzen kann.

(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)
(Bild: Daniel Kraus)

Auch für Führerschein Klasse AM
Der BMW CE 02 ist auch in einer leistungsreduzierten Version mit 3,2 kW/4 PS erhältlich, die man mit dem Mopedschein Klasse AM fahren darf. Ab 15 Jahren. Da hat er nur einen Akkupack und ein Höchsttempo von 45 km/h. Optisch sind die beiden Versionen nicht zu unterscheiden.

Kein billiges, aber ein Vergnügen
Wer den (übrigens in Indien gebauten) BMW CE 02 in der 125er-Version fahren will, muss mindestens 8550 Euro anlegen, für den „50er“ einen Tausender weniger. Dazu sollte man auf jeden Fall das Highline-Paket um gut 900 Euro mitbestellen. Neben optischen Features bringt das Bluetooth-Connectivity, Smartphone-Halter, mehr Fahrmodi (zwei sind Serie) oder auch Heizgriffe und das stärkere Ladegerät. Dazu gibt es auch noch einiges an Zubehör, wie zum Beispiel stylische Taschen.

Fahrzit
BMW geht den unkonventionellen Weg in Sachen urban mobility weiter. Nach dem polarisierenden Elektroroller CE 04 ist der CE 02 das nächste Elektro-Zweirad, das aus der Masse heraussticht. Er ist zwar wahrscheinlich unpraktischer als die meisten Roller (kein integrierter Stauraum) – dafür aber ungewöhnlicher. Und er fährt sich hervorragend.

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(Bild: KMM)



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