Die Sicherheitsdebatte kocht in Vorwahlzeiten wieder hoch. Spitzenbeamte des Innenministeriums wehren sich aber gegen hanebüchene Vorwürfe in Sachen Personalmangel – nackte Zahlen zeigen ganz anderes Bild …
„Alarm!“ – Die öffentliche Sicherheit ist in Vorwahlzeiten scheinbar immer in Gefahr, und so entfacht sich um Personalstand, Messertrageverbot und Co. gerade in den Sommermonaten wieder eine hitzige Debatte. Bevor jedoch die Stimmung auf der großen Politbühne vollends eskaliert, preschen Innenministerium und auch die Wiener Landespolizeidirektion mit einem eigenen „Faktencheck“ vor.
Während vielerorts nämlich schon am nächsten politischen Angriff gefeilt wird, schlägt Sektionschef Karl Hutter seelenruhig sein Personalstandsregister auf: „Die aktuelle Diskussion mit Personalmangel bei der Polizei ist mir nicht neu, immerhin bin ich ein Polizist mit 30-jähriger Berufserfahrung und diene unter dem 17. Innenminister.“
Mehr noch: „Fakt ist aber auch, dass wir mit aktuell 32.635 Polizisten einen absoluten Höchstwert in Sachen Personal haben. Mein Job ist, dass die verschiedenen Ämter und Behörden ausreichend Ressourcen haben und die Kollegen auf den Dienststellen ordentlich Ermittlungsdruck aufbauen können, und das funktioniert eigentlich meist reibungslos“, stellt Hutter im Gespräch mit der „Krone“ unmissverständlich klar.
100.000 Euro kostet uns im Schnitt die Ausbildung eines Polizisten. Der Job ist attraktiv, das beweisen die Zahlen. Da kann man nicht so viel falsch gemacht haben.
Sektionschef Karl Hutter sieht kein Problem beim Personalstand.
Bild: BMI/Alexander TUMA
Tausende Bewerber für die Polizei – auch in Wien
Mit 10.000 Bewerbern allein im 1. Halbjahr 2024 macht man sich über die Zukunft beziehungsweise Attraktivität des Berufsbildes keine allzu großen Sorgen. Denn vor allem die Lockerung bei Tattoo-Vorschriften, bessere Entlohnung für Polizeischüler und ein sogenanntes Attraktivierungspaket mit Klimaticket, B-Führerschein und Co. zahlen sich nicht nur sprichwörtlich aus.
Allein das Budget für die Sicherheit der Wiener ist mit 700 Millionen Euro ordentlich ausgestattet. Polizeichef Gerhard Pürstl ist auch deshalb positiv gestimmt (siehe Interview unten): „Immer wieder wird moniert, dass Linz mehr Polizisten als Favoriten hat. Da gebe ich zu bedenken, dass unser Einsatzgebiet nicht an Bezirksgrenzen endet. Beim derzeitigen Kriminalitätsgeschehen könnten wir uns auch gar keine Schrebergartenmentalität leisten.“
Wiens Polizeichef Gerhard Pürstl spricht im Interview mit der „Krone“ jetzt Klartext in Sachen Sicherheitsdebatte:
„Krone“: Herr Polizeipräsident, nach Bandenkrieg und Co., wie steht es um die Sicherheit in Wien?
Pürstl: Den Begriff Bandenkrieg höre ich wirklich nicht gern. Es geht hier oft um eine ethnische Auseinandersetzung zwischen zwei Bevölkerungsgruppen. Wir sind aber aktuell sehr gut aufgestellt, die Kollegen machen ihre Arbeit und halten stark dagegen.
Wie bewerten die Debatte um ein landesweites Waffentrageverbot?
Wir sehen in Innerfavoriten und am Praterstern, dass es ein wichtiges Mittel ist. Anfangs gab es zwar viele Abnahmen, jetzt gehen die Delikte mit Messern aber stark zurück. Ein Verbot macht die Polizeiarbeit aber jedenfalls leichter.
Inwiefern leichter?
Aktuell müssen die Kollegen verschiedenste Parameter bei einer Kontrolle beachten. Ist es eine Waffe oder auch nicht – mit einem klaren Verbot hat man einfach eindeutige Spielregeln für den täglichen Einsatz auf Streife.
Wünschen Sie sich mehr Unterstützung von der Politik?
Wir arbeiten eigentlich immer eng mit Stadt- und Bundesregierung zusammen und bekommen jegliche Hilfe, die wir brauchen. Das funktioniert gut!
Zahl der verletzten Beamten steigt an
Verantwortung, Ansehen und Respekt in der Bevölkerung, Karrierechancen – und gar kein schlechtes Gehalt. Kein Wunder, dass es sich beim Beruf des Polizisten für viele um einen Traumjob handelt. Ungefährlich ist er freilich nicht. Seit dem Jahr 2012 verloren zwölf Polizisten während des Dienstes ihr Leben, acht davon durch Fremdeinwirkung.
Und: Besonders in den vergangenen Jahren haben Übergriffe auf die Sicherheitskräfte zugenommen. Grob gerechnet werden pro Tag in Österreich drei Polizisten im Dienst verletzt, Tendenz leicht steigend.
Als Gegenmaßnahme wurde unter anderem in eine Verbesserung der Ausrüstung investiert, was sich erst vor wenigen Wochen auf dramatische Weise bezahlt machte und das Leben eines Polizisten rettete: Ende Mai kam es in der Waffenverbotszone in Wien-Favoriten zu einem Messer-Attentat, das für Schlagzeilen sorgte. Ein Jordanier griff von hinten an, rammte einem jungen Beamten die Klinge in den Oberkörper.
Wie berichtet, überlebte der 24-Jährige wohl nur dank seiner Stichschutzweste. Körperlich kam er relativ glimpflich davon, psychisch waren die Verletzungen weit größer – der junge Mann quittierte mittlerweile den Dienst. Damit ist er aber kein Einzelfall. Im Durchschnitt steigen pro Jahr rund 1000 Polizisten aus dem System wieder aus.
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