Untreue-Prozess

Ex-Immofinanz-Chef drohen zehn Jahre Haft

Wirtschaft
22.01.2013 16:37
"Wie geht das, ohne Arbeitsaufwand, ohne eigenes Kapital, ohne jedes Risiko 21 Millionen in elf Monaten zu verdienen?", warf der Staatsanwalt am Dienstag im Wiener Landesgericht beim Auftakt zum Immofinanz-Prozess die Frage in den Raum. Die Antworten sind für ihn auf der Anklagebank zu finden, in Gestalt von Karl Petrikovics (Bild), weiteren Immofinanz-Vorständen und einem Treuhänder. Ihnen wirft Volkert Sackmann Untreue vor, damit drohen jedem von ihnen bis zu zehn Jahre Haft.

Petrikovics war allmächtiger Chef der Constantia Privatbank, die eng mit Immofinanz und Immoeast verflochten war. Immofinanz und Immoeast gingen an die Börse - zunächst mit sehr großem Erfolg. Die Kurse stiegen stetig.

Die Basis für Petrikovics' Privatvermögen? Darüber war er gegenüber Richterin Claudia Moravec-Loidolt nicht sehr auskunftsfreudig. Erst auf wiederholte Aufforderung sagte er: "Zinshäuser, Eigentumswohnungen, 3,5 Millionen Bares, 250.000 Immofinanz-Aktien, 100.000 Immoeast-Aktien und 15 Millionen bei der Constantia Privatbank, um die ich gerade prozessiere." 

Staatsanwalt: "Verluste in Leintuchgesellschaften versteckt"
2008 traf die Wirtschaftskrise das Finanzkonglomerat, die Kurse rasselten in den Boden. Die riesigen Verluste, die dabei entstanden, sind noch nicht Thema bei Gericht. In diesem ersten Prozess wird ein "Nebenschauplatz" beleuchtet. Freilich auch ein millionenschwerer, bei dem laut Staatsanwalt die Bosse verdienten, die Verluste wurden in sogenannten "Leintuchgesellschaften" versteckt.

Ermöglicht wurde dies, so Sackmann, durch die speziellen Verträge. Petrikovics und Norbert Gertner waren zwar Vorstände der Immofinanz und Immoeast, bezogen aber Salär und Boni von der Bank: "Das heißt, sie verdienten, wenn die Bank fette Gewinne machte." Weil aber laut Staatsanwalt "das Geld nicht auf Bäumen wächst", muss es in diesem Konglomerat "korrespondierende Schäden" geben. 

Und er will Folgendes "unter 280.000 Gigabyte Daten, die ja nicht hübsch geordnet und beschriftet in Aktenbänden dastanden", herausgefunden haben: 

  • Petrikovics und Co hätten unter dem Tageskurs Immoeast-Aktien bezogen. 
  • Sie hätten sich diese Deals von einer der Leintuchgesellschaften zum Tageskurs finanzieren lassen - mittels Scheinrechnungen ohne Leistung bzw. Kreditvergaben ohne Sicherheiten. 
  • Die Differenz sei der Gewinn für Petrikovics und Co. - und der Verlust für die Gesellschaft gewesen.

Laut Staatsanwalt war das den Angeklagten noch nicht genug: Man schob einen angeblichen Kunden vor, der die Zeichnungsfrist versäumt habe und Aktien zum Ausgabekurs erhalten sollte. Für diesen Deal setzte man den nun ebenfalls angeklagten Treuhänder Ernst Hable ein. Dieser soll, wieder über eine der "Leintuchgesellschaften", Aktien zu einem geringeren als den tagesaktuellen Kurs bezogen haben. Sackmann: "Damit schreibt die Gesellschaft in der Sekunde Verluste, kaum dass die Tinte auf den Verträgen trocken ist."

Verteidiger: "Gutachter ist befangen"
Die Verteidiger schießen dann scharf zurück. Georg Zanger, Verteidiger des mitangeklagten Ex-Constantia-Aufsichtsratschefs Helmut Schwager, sagt: "Der Gutachter ist befangen, er war zwei Jahre für den Staatsanwalt tätig und ist nun auch Sachverständiger im Prozess. Dies ist unvereinbar."

Und Petrikovics-Anwalt Otto Dietrich will festgestellt haben, dass sich "der Staatsanwalt um 40 Millionen Euro verrechnet hat". Er habe bei Aktienankäufen Stückzahlen mit Euro verwechselt, unter dieser Prämisse sehe die finanzielle Bilanz ganz anders aus: "Es gab ein Rechtsformchaos, aber keinen Missbrauch der Befugnisse. Und geschädigt wurde auch niemand." Zudem seien der Verteidigung entlastende Beweismittel vorenthalten worden. 

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

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