Thailand empört
Wichtigster Oppositioneller aus Politik entfernt
In Thailand hat die Justiz den wichtigsten Oppositionspolitiker Pita Limjaroenrat für zehn Jahre aus der Politik ausgeschlossen und dessen Move Forward Partei (MFP) aufgelöst. Die MFP hatte bei der Parlamentswahl 2023 die meisten Sitze gewonnen, durfte aber nicht an die Regierung.
Das Verfassungsgericht in Bangkok habe die Entscheidung einstimmig gefällt, erklärte Richter Punya Udchachon am Mittwoch. Demnach kann der reformorientierte Pita bis 2034 kein politisches Amt ausüben.
Pita war im September als MFP-Chef zurückgetreten. Im März hatte die Wahlkommission beim obersten Gericht des Landes die Auflösung der größten Oppositionspartei beantragt. Bereits zuvor war die MFP an der Regierungsbildung gehindert.
Partei wollte gegen Gesetzes-Missbrauch vorgehen
Vor der Parlamentswahl war Pitas Beliebtheit insbesondere bei jungen Wählern sprunghaft angestiegen. Im Wahlkampf trat seine Partei unter anderem mit dem Versprechen an, Thailands Strafrecht zur Ahndung von Majestätsbeleidigung zu reformieren, das als eines der strengsten der Welt gilt. Thailands König Maha Vajiralongkorn genießt einen quasi-göttlichen Status. Kritikern zufolge werden die Gesetze jedoch missbraucht, um politische Debatten zu unterdrücken.
Im Jänner hatte Thailands Verfassungsgericht die Reformpläne der MFP als verfassungswidrig eingestuft und erklärt, diese kämen dem Versuch gleich, die konstitutionelle Monarchie zu stürzen.
Die EU bezeichnete die Auflösung der größten Oppositionspartei als „Rückschlag für den politischen Pluralismus in Thailand“. „Kein demokratisches System kann ohne eine Vielzahl von Parteien und Kandidaten funktionieren“, erklärte ein EU-Sprecher am Mittwoch. Die thailändischen Behörden müssten sicherstellen, „dass alle rechtmäßig gewählten Mitglieder des Parlaments in der Lage sind, ihr parlamentarisches Mandat weiterhin zu erfüllen“.
„Gute Menschen werden am Ende immer schikaniert“
Nach der Verkündung der Gerichtsentscheidung versammelten sich ein paar Dutzend Anhänger vor der Parteizentrale der MFP in Bangkok. Die 60-jährige Sakhorn Kamtalang meinte daraufhin, das Gericht habe nicht das Recht, die Partei aufzulösen. „Für mich ist Pita mein Regierungschef“, betonte sie. Die 69-jährige Hua Jaidee beklagte sich: „Gute Menschen werden am Ende immer schikaniert.“
Vor dem Urteil hatte sich der Reformpolitiker noch optimistisch gezeigt. „Wir sind sehr zuversichtlich, was die von uns vorgelegten Fakten und die Argumente über die Unrechtmäßigkeit des (...) beantragten Prozesses angeht“, sagte er am Mittwoch. „Wir hoffen, dass das Gericht die Argumente ernsthaft in Betracht zieht, und glauben, dass Rechtsstaatlichkeit in Thailand existiert.“
„Unsere Ideen werden überleben“
Der 43-jährige ehemalige Geschäftsmann war Mittwoch früh gut gelaunt im Parlament in Bangkok erschienen. Den Abgeordneten sagte er, er habe Vertrauen in die Rechtsprechung des Königreichs. Pita warnte bei seinem Auftritt im Parlament vor einer Instrumentalisierung des thailändischen Justizsystems. Er wies darauf hin, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten 33 Parteien aufgelöst worden seien, darunter „vier große, die vom Volk gewählt wurden“. „Die Frage ist nicht, was wir tun werden, wenn wir aufgelöst werden - dafür ist bereits gesorgt, und unsere Ideen werden überleben“, gab sich Pita kämpferisch. Der Vorstand der MFP, die im 500 Sitze umfassenden Parlament über 148 Sitze verfügt, werde im Falle einer Auflösung der Partei ein neues Gremium bilden, versicherte er.
Vielmehr gehe es nun darum, auf das „Muster der Instrumentalisierung der Justiz und unabhängigen Organe“ zu achten. „Wir sollten dieses Verhalten nicht normalisieren oder akzeptieren, dass ein politisiertes Gericht als Waffe eingesetzt wird, um politische Parteien zu zerstören“, betonte der Reformpolitiker.
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