Mithäftling gequält

Sieben Jahre Haft für Vergewaltigung mit Bleistift

Oberösterreich
09.08.2024 13:28

Dem Richter wollte der 19-jährige Erstangeklagte weismachen, er habe nur deshalb so brutal gehandelt, weil er geglaubt hatte, der neue Zellengenosse sei ein Vergewaltiger. Der nahm ihm das aber nicht ab, warf ihm hochproblematischen Sadismus gegenüber Schwächeren vor: Sieben Jahre Haft, rechtskräftig. 

„Wie einen Boxsack“ habe der fast 1,90 Meter große 19-Jährige das Opfer behandelt, immer wieder mit wuchtigen und massiven Faustschlägen seinen Oberkörper und sein Gesicht traktiert. Als er am Boden lag, hatte er auf ihn eingetreten, ihn mit einem Gürtel, Pantoffeln und einem Wischmopp geschlagen und stranguliert, bis er das Bewusstsein verlor. Damit noch nicht genug: schließlich habe er ihn auch noch zwingen wollen, einen Bleistift rektal einzuführen, und dies schließlich sogar selber probiert.

Großer Andrang bei Prozess
All das erregte einen großen Auflauf am Landesgericht Ried am Freitagmorgen. Maskierte Justizwachbeamte in voller Montur samt Taser und Schutzwesten, Kameras, und eine beeindruckende Liste an Vorstrafen zwischen den drei Angeklagten wurden den Zuschauern geboten. Alle drei saßen im Februar dieses Jahres gemeinsam mit einem vierten in der Haftanstalt Ried ein, als plötzlich ein neuer Zellengenosse dazukam.

Immer wieder zu schlagen begonnen
Erst habe man sich noch normal unterhalten und kennengelernt, doch schon am zweiten Tag war der 19-Jährige auf den Neuen losgegangen. Da konnten ihn die Mithäftlinge noch besänftigen. Später habe man ganz normal nebeneinander zu Abend gegessen. Am nächsten Tag jedoch setzte sich das Martyrium fort: Immer und immer wieder wurde der Neue Opfer von brutalsten Attacken des Erstangeklagten. Er setzte sich nicht zur Wehr, versuchte nur vergeblich, die Schläge abzuwehren. Wie oben beschrieben, hatte der 19-Jährige den neuen Zellengenossen im Häfenjargon „geknechtet“, obwohl die Mithäftlinge ihn immer wieder wegzerrten.

Gewürgt, bis er blau war
Das Opfer sollte immer wieder gezwungen worden sein, das Badezimmer zu putzen, nur um danach und dazwischen immer wieder Schläge, Demütigungen und andere Misshandlungen des Erstangeklagten einzustecken. Einmal sei er sogar von hinten stranguliert worden, bis er blau und bewusstlos am Boden zu krampfen begonnen habe. Daraufhin hätte der Zweitangeklagte ihn in die stabile Seitenlage gebracht und ihn mit Wasser und einer „Watschn“ wieder aufgeweckt.

„Hätte mehr helfen sollen“
„Ich war wirklich schockiert, und ich habe im Häfen schon einiges miterlebt, von Schlägereien und mit Kriminellen von ganz anderen Kalibern“, äußerte sich der damals 38-jährige marokkanisch-stämmige Österreicher. „Aber so grundlos auf einen schwächeren loszugehen, und dann auch noch die Sache mit den Stiften, das ist mir definitiv zu weit gegangen, und mein größter Fehler war es, dass ich ihm nicht besser geholfen habe!“

Opfer geschunden
Auch auf den gezeigten Lichtbildern ist der Körper des Opfers geschunden und mit zahlreichen blauen Flecken, Hämatomen und Kratzern überseht zu sehen. Nicht mit freiem Auge erkennbar waren die Brüche des Dornfortsatzes am fünften und sechsten Halswirbel, die Brüche der neunten und zehnten Rippe sowie unzählige Prellungen am ganzen Körper. Im Beweisverfahren stellte sich aber heraus, dass der 38-Jährige nur drei Mal leicht zugeschlagen hatte, bevor er dem bewusstlosen Opfer zur Hand ging.

Vergewaltigung mit Bleistift
Auch gesteht der Erstangeklagte: „Ich habe ihn gezwungen, sich den Bleistift einzuschieben, und dann auch selber nachgeholfen“. Die Ironie, dass er dadurch selbst zum Vergewaltiger wurde, geht allerdings verloren. 

Lange Strafen oder Freispruch?
Der 19-jährige Österreicher bekennt sich umfassend schuldig, ebenso der 37-Jährige, entgegen der Angaben seines Anwalts. Einzig der 32-Jährige will mit den Misshandlungen nichts zu tun gehabt haben, er wurde auch im Laufe des Beweisverfahrens von allen außer dem Erstangeklagten entlastet – er wurde auch freigesprochen. Dennoch bekam auch er sein Fett ab: „Ich weiß, dass Sie da drinnen ein Leader sind – dass sie überhaupt nicht eingegriffen, nicht geholfen haben, das stört mich sehr, und sie sollten sich schämen!“, so der Richter. Der Zweitangeklagte erhielt acht Monate Haft wegen Körperverletzung – die absolute Mindeststrafe angesichts seiner vielen einschlägigen Vorstrafen, wie der Richter betonte. Er erkannte 1000 Euro Teilschmerzengeld an, die er dem Opfer auch bezahlen muss. 

Haupttäter hatte dennoch Glück
Der 19-Jährige kam nicht so einfach davon: Er wurde zu sechs Jahren Haft verdonnert, dazu wurde eine bedingte elfmonatige Haftstrafe in eine unbedingte umgewandelt – also fast sieben Jahre Haft. Erschwerend waren das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und seine zahlreichen Vorstrafen. Das Geständnis, seine Reue und, dass die Vergewaltigung beim Versuch geblieben war, wurden mildernd gewertet. Auch die zwölfwöchige Aggressionstherapie, die der 19-jährige Haupttäter anscheinend erfolgreich absolviert hatte, wurde ihm positiv angerechnet.

Aggressionstherapie wirkte bereits
Offenbar hatte es in vorangegangenen Verhandlungen immer wieder Vorfälle gegeben, weshalb im Saal auch durchgehend sechs kräftige und großteils vermummte Justizwachen zwischen den Angeklagten positioniert waren. Dieses Mal jedoch blieb er ruhig sitzen, äußerte sich nur selten, dafür sachlich. Dennoch habe er Glück gehabt: „Sie waren zum Tatzeitpunkt gerade noch nicht 19 Jahre alt, und auch ihr Geständnis hat ihnen den Hals aus der Schlinge gezogen“, begründete der Vorsitzende das Urteil der Schöffen. „Sonst hätten es auch ganz locker acht oder zehn Jahre werden können!“ Alle Urteile sind rechtskräftig.

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