Ein Tiroler (61) leidet unter Epilepsie und hat daher eine 60-prozentige Behinderung. Der „Kampf“ mit diversen Stellen und den Behörden sei oft „eine Schikane“, kritisiert er. Mit seinem Gang an die Öffentlichkeit hofft er, dass die Bevölkerung sensibilisiert wird.
Einem Tiroler, der seit seinem dritten Lebensjahr unter einer Form von Epilepsie leidet, reicht es. 20 Jahre lang war er trotz seiner Erkrankung, durch die er zu 60 Prozent als behindert gilt, „leidenschaftlicher Lkw-Fahrer. 2010 musste ich den Beruf aber aufgeben – wegen eines neuen Gesetzes“, erzählt der 61-Jährige beim Besuch der „Krone“.
Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Ebenso wenig will er von vorne fotografiert werden. „Ich kämpfe für alle Menschen, denen es ähnlich geht wie mir, und möchte nicht im Mittelpunkt stehen“, meint er.
Der Präsident verspricht jedes Jahr bei Licht ins Dunkel, dass man sich um uns kümmert, die Realität sieht aber ganz anders aus.
Der Tiroler
„Man wird generell im Alltag oft diskriminiert“
Der zweifache Vater berichtet von allerlei Schikanen, die er im Laufe seines Lebens erlebt habe. Vor allem der Kampf dafür, dass er seinen Führerschein immer wieder verlängert bekam, sei mühsam gewesen. „Andere verschweigen ihre Behinderung vor dem Amtsarzt einfach. Ich war halt von Anfang an ehrlich.“
Doch nicht nur wegen des Führerscheins regt sich der Tiroler, der mittlerweile in Invalidenpension ist, auf. „Man wird generell sehr oft diskriminiert im Alltag. Und da meine Behinderung nicht sichtbar ist, wird sie häufig einfach ignoriert.“
Sozialeinrichtung stellte Angebot plötzlich ein
Ein Erlebnis, das er nie vergessen wird: „Einmal meinte man zu mir, dass es einfacher wäre, wenn ich im Rollstuhl sitzen würde. Dann würde man mir die Behinderung nämlich auf der Stelle ansehen.“
Das Fass zum Überlaufen gebracht habe nun eine Sozialeinrichtung. „Bisher kam alle drei Wochen ein Haushaltsdienst vorbei. Jetzt erhielt ich einen Anruf und mir wurde gesagt, dass ich darauf plötzlich keinen Anspruch mehr hätte. Der Grund wurde mir allerdings nicht genannt.“
Nicht die Behinderung ist das Problem, sondern es liegt an den Behörden.
Der Tiroler
„Ist mühsam, dass man für alles kämpfen muss“
Der Tiroler muss nun selber schauen, wer ihm hilft, falls er Unterstützung brauchen sollte. „Dass man für alles, was einem eigentlich zusteht, so kämpfen muss, ist eine Frechheit. Nicht die Behinderung ist das Problem, sondern es liegt an den Behörden“, ist der 61-Jährige überzeugt.
Abschließend kritisiert er, dass „der Bundespräsident jedes Jahr zu Weihnachten bei Licht ins Dunkel groß verspricht, dass man sich um uns Betroffene kümmert, die Realität sieht jedoch ganz anders aus“.
Exakt 6.343.976 Österreicherinnen und Österreicher sind laut dem Innenministerium am 29. September berechtigt, ein Kreuz bei der Nationalratswahl zu machen. Wie viele von ihnen eine Behinderung haben, ist nicht so genau bekannt. Auf seiner Homepage spricht das Sozialministerium von rund 400.000 Betroffenen. Allerdings wurde diese Zahl das letzte Mal am 1. Jänner 2021 aktualisiert (eigentlich ein Armutszeugnis).
Mal angenommen, dass die Zahl nach wie vor ungefähr stimmt, so sind von allen Wahlberechtigten rund 6,31 Prozent im Besitz eines Behindertenpasses. Zur Erinnerung: Für den Einzug in den Nationalrat braucht es derzeit vier Prozent. Personen mit Behinderung sind also eine recht große Wählergruppe. Auch ihr wird im Wahlkampf vermutlich wieder einiges versprochen. Versprochen wird im Wahlkampf generell viel, umgesetzt aber meist nur wenig.
Eines von vielen Beispielen ist die Entlohnung. Seit Jahren gehen Vertreter auf die Straße und fordern „echten Lohn statt Taschengeld“. Von einer Umsetzung ist nichts zu sehen, auch wenn sie oft versprochen wurde. Doch nicht nur bei dieser Forderung muss die neue Regierung liefern. Auch um das Anliegen des 61-jährigen Tirolers, der darauf pocht, dass auch Behinderungen, die nicht gleich ersichtlich sind, ernst genommen werden, muss sie sich dringend kümmern.
Ach ja: Da war noch der Kampf mit den Behörden. Davon kann ohnehin ganz Österreich ein Lied singen.
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