Enrico Leitgeb (48), frisch gekürter Leiter der Verkehrsabteilung der Tiroler Polizei, spricht im „Krone“-Interview über Milde und Strenge, Schwerpunkte seiner beginnenden Arbeit und Emotionales.
Leitgeb empfängt die „Krone“ in der Frundsbergkaserne in Vomp, wo sich das Ausweichquartiere von Cobra und Verkehrsabteilung befindet, bis das neue Sicherheitszentrum in Innsbruck fertig ist. Im Besprechungsraum sorgen großflächige Plakate mit Polizeimotiven für die passende Atmosphäre.
„Krone“: Hand aufs Herz, sind Sie selbst im Straßenverkehr noch nie negativ aufgefallen?
Enrico Leitgeb: Auch ich war in jungen Jahren einmal zu schnell unterwegs, das war aber mit einem Organmandat erledigt. Klar ist, dass Polizisten eine Vorbildfunktion haben. Wasser predigen und Wein trinken geht nicht.
Wie fühlt es sich emotional an, seit 1. August oberster Tiroler Verkehrspolizist zu sein?
Der Verkehrsdienst weckte schon auf meiner ersten Dienststelle in Hall mein Interesse. In diesem Bereich habe ich nun sozusagen das oberste Ziel erreicht. Das erfüllt mich mit Stolz. Ebenso mit Respekt, aber mehr als 200 motivierte Mitarbeiter und die Erfahrung als Stellvertreter seit 2021 lassen mich gut schlafen.
Gibt es einen typischen Tagesablauf in dieser Funktion?
Der Tag beginnt meist hier im Büro in Vomp, mit der Frühbesprechung um 6.30 Uhr. Von der Verkehrsinformationszentrale erfährt man, was in der Nacht passiert ist. Daneben geht es um Unfälle, Sperren, Wetterbedingungen usw. Besprechungen begleiten mich häufig.
Wir müssen Unfallanalyse betreiben und möglichst treffsichere Maßnahmen verfolgen. Aber auch die technische Weiterentwicklung gehört dazu.
Enrico Leitgeb
Möglichst wenige Opfer als Hauptziel
Welche Ziele haben Sie für Ihre Leitungsperiode?
Das große strategische Ziel ist es, die Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr so gering als möglich zu halten. Wir müssen Unfallanalyse betreiben und möglichst treffsichere Maßnahmen verfolgen. Aber auch die technische Weiterentwicklung gehört dazu.
Zum Beispiel?
Nehmen wir die Kontrollstelle an der A12 in Radfeld. Hier geht es um automatisierte Gewichtskontrollen, die Lkw können trotz schnellerer Durchfahrt verwogen werden und nebenbei gibt es Sensoren für die zulässige Höhe, Breite und Länge.
Luegbrücke: Kaum eine Woche ohne Sitzung dazu
Ein Thema, auch in den Schlagzeilen, ist die Luegbrücke. Wie sehr beschäftigt Sie das?
Eigentlich seit Jahren, etwa rund um einen Alarmplan für den Fall, dass die Brücke plötzlich gar nicht mehr befahrbar wäre. Derzeit geht es mit Land, Asfinag und Einsatzorganisationen um ein Maßnahmenpaket für die Einspurigkeit ab 1. Jänner 2025. Bis September soll dies fertig sein. Es gibt kaum eine Woche, in der wir nicht in größeren oder kleineren Runden dazu tagen.
Enrico Leitgeb wohnt in Absam und ist gelernter Tischler. Der E-Auto-Fahrer und Vespa-Besitzer ist in einer Lebensgemeinschaft. 2008 absolvierte der nunmehrige Oberst den Grundausbildungslehrgang für dienstführende Beamte in Traiskirchen (NÖ). Nach der Reifeprüfung 2011 widmete sich Leitgeb berufsbegleitend einem polizeilichen Bachelor- bzw. Masterstudium. Seit 2021 war er Vize-Leiter der Landesverkehrsabteilung, er folgt dem bisherigen Chef Günther Salzmann, der in Pension ging. Leitgebs Stellvertreter ist nunmehr Wolfgang Weninger.
Die Luegbrücke wird wohl trotzdem eine Geduldsprobe. Steigt generell die Aggression im Tiroler Straßenverkehr?
Solche Aussagen hört man oft, aber das wird eher hochstilisiert. Die Vorfälle bei Kontrollen bis hin zu Übergriffen kann man aber an einer Hand abzählen. Wenn es passiert, muss man mit Professionalität reagieren.
Abschreckung durch Beschlagnahmungen
Wie hat sich die Beschlagnahmung von Fahrzeugen von Rasern bewährt?
Ich bin überrascht, dass es heuer schon 24 Fälle von Beschlagnahmungen gab. Eine gewisse generalpräventive Wirkung, also Abschreckung, wird sich einstellen.
Noch ein Praxisbeispiel: Ein etwas ortsundiger Lenker aus der Tiroler Provinz biegt verbotenerweise in Innsbruck falsch ab – abmahnen oder jedenfalls strafen?
Wir berücksichtigen die Schwere der Tat, es geht um Fingerspitzengefühl und Augenmaß und hier könnte eine Abmahnung reichen. Klar ist aber, dass es bei Kapitaldelikten, etwa Alkohol, sicher kein Augenzudrücken gibt.
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