Scheinheiliges Gesetz?

Experte: Angebundene Flaschendeckel bringen nichts

Österreich
10.08.2024 17:22

Um den Müll in der Landschaft zu verringern, sind seit 3. Juli lose Verschlusskappen bei bestimmten Getränken verboten. Nun bemängelt ein Verpackungsexperte: Die fest angebundenen Flaschendeckel sind nicht zwingend und nicht logisch.

„Bringt das wirklich etwas für den Planeten oder selbst für Europa? Und da ist meine klare Antwort: Nein“, nahm sich Markus Prem von der Hochschule Kempten gegenüber der Deutschen Presse-Agentur kein Blatt vor den Mund. Dies sei nur reiner Aktionismus, um ein schlechtes Gewissen zu beruhigen.

Jedoch geht der deutsche Experte davon aus, dass auch bei den sogenannten tethered caps bald ein Gewöhnungseffekt eintritt. Er meint nämlich, die Menge an weggeworfenen Deckeln, die schließlich im Meer oder in Flüssen und Seen landen, sei äußerst gering. „Man hat damit der Industrie Milliardeninvestitionen unter anderem in neue Maschinen auferlegt für einen Effekt, der quasi nicht messbar ist.“ Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels teilte der dpa auf Anfrage mit, Anlagen hätten um- oder neu gebaut werden müssen. Das habe große Kosten verursacht: „Wir gehen von Beträgen im Millionenbereich aus.“

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Man hat damit der Industrie Milliardeninvestitionen unter anderem in neue Maschinen auferlegt für einen Effekt, der quasi nicht messbar ist.

Verpackungsexperte Markus Prem

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) betonte, Aufwand und Kosten fielen sehr unterschiedlich aus. Für einige Unternehmen käme die Umstellungen in der Abfüllung einer Produkt-Neueinführung gleich. Andere hätten erhebliche Aufwendungen, wenn Änderungen in der Inspektionstechnik oder bei der Verschließtechnik notwendig waren. Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) betragen die „beträchtlichen“ Kosten pro Abfüllungslinie rund 181.000 Euro. „Hinzu kommt der Mehraufwand für Deckel beziehungsweise Verschlüsse mit rund 0,2 Cent pro Stück“, erklärte der stellvertretende BVE-Hauptgeschäftsführer Peter Feller der dpa.

(Bild: dtatiana - stock.adobe.com)

Kunststoffe recyclen ist viel wichtiger
Der Anteil von Europa und Amerika an den Kunststoffen, die ins Meer gespült werden, sei gering, so Prem. Die überwältigende Mehrheit stamme aus Asien. „Wir müssten ganz woanders ansetzen, wenn wir wirklich was bewegen wollten.“ So sei es viel wichtiger, Kunststoffe zu recyceln und einen Kreislauf zu bilden. Denn: „Kunststoffe sind bisher in vielen Bereichen Verbundmaterialien, die nicht oder nur sehr schwer recycelbar sind.“

Auch der VDM betonte, bei Glas- und PET-Flaschen werde bereits eine Rücklaufquote von rund 99 Prozent erreicht. „Das Problem des sogenannten Litterings hat also in Deutschland schon vor dem Inkrafttreten der EU-Richtline nicht existiert.“ Mit „Littering“ ist Vermüllung gemeint.

Ein Riesenaufreger wird das wohl nicht werden
Dass sich die Verbraucher noch lange über die „tethered caps“ aufregen, glaubt Prem nicht. Auch an die Abschaffung von „Plastiktüten oder Strohhalmen aus Kunststoff“ hätten sich die Menschen gewöhnt.

Grundsätzlich handle es sich beim Schraubverschluss, der an diesem Samstag (10. August) vor 135 Jahren vom Briten Dan Rylands patentiert worden war, um eine Erfolgsgeschichte, lobte der Verpackungsexperte. Es gebe natürlich noch andere Verschlusssysteme wie Kronkorken oder Aufreißlaschen. „Aber es gibt keine so einfache Methode, um etwas zu verschließen wie mit dem Schraubverschluss“, so Prem.

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