Die Dokumentation „Harry vs. William – Der royale Brüderzwist“ beleuchtet die oft erlebte Entzweiung zweier sich nahestehender Menschen im familiären Segment. Das Fazit nach der Lebensrückschau: Im engen Korsett der Monarchie wiegt die Bürde noch schwerer.
Kain und Abel, Romulus und Remus oder Liam und Noel Gallagher - die Historie der Geschwisterdramen ist so alt wie die Menschheit selbst. Brüder sind sich per se viel näher als andere Menschen, doch wenn der dünne Faden der gegenseitigen Zuneigung erst einmal stark gespannt ist, ist es bis zum Riss nicht mehr weit. Zu den berühmtesten Streithähnen zählen etwa Adolf und Rudolf Dassler, die Gründer von Adidas und Puma oder die erwähnten Gallagher-Brüder, die Oasis, eine der erfolgreichsten Pop-Bands der Welt, 2009 zu Grabe trugen und aus gegenseitiger Antipathie bis heute nicht aus der Versenkung hoben. Da halfen noch nicht einmal üppige Gagenangebote renommierter Festivalveranstalter.
Frühe Animositäten
Das weltweit berühmteste Brüderpaar ist wohl aber Prinz William und Harry, zwischen dem viele Jahre lang kein Blatt Papier passte. Die Dokumentation „Harry vs. William – Der royale Bruderzwist“ hängt sich an die Lebensgeschichte der beiden ungleichen Brüder und versucht den Ursachen chronologisch auf den Grund zu gehen. Mit vielen Archivaufnahmen wird der Zuseher in die Vergangenheit zurückgebeamt und erfährt, dass sich die ersten Animositäten schon im frühen Kindheitsalter auftaten. Schon als Vierjähriger habe Harry das erste Mal bewusst bemerkt, dass er aufgrund der monarchistischen Thronfolge für immer im Schatten Williams stehen würde und nahm sich daher zunehmend Frechheiten heraus.
Der vielleicht entscheidende Schnitt in der Beziehung der Brüder war Harrys 2023 veröffentlichte Autobiografie „Spare“, in der er schonungslos und offen mit seiner Lebensrolle im Hause Windsor abrechnete und dabei zur Persona non grata im Königshaus wurde. „Ich war der Schattenmann, der Plan B der Familie“, liest eine Stimme aus dem Off aus dem Buch, „ein Ersatzteil, von dem man vielleicht einmal eine Niere, eine Bluttransfusion oder Knochenmark benötigen würde.“ Nicht zuletzt die Rolle des royalen Reservisten machte Harry zum Erzfeind seines größeren Bruders. Detailliert wird die sehr menschliche Erziehung von Lady Diana reflektiert, die wie eine Löwin gegen die Kühle des restlichen Königshauses ankämpfte.
Staatsmann und Clown
Man wird Zeuge der Ohnmacht nach Lady Di’s tragischem Tod, der die beiden Kinder im Alter von 15 und 12 zu Halbwaisen machte, denen plötzlich die mütterliche Wärme fehlte. Neben den unterschiedlichen Grundvoraussetzungen und der prekären Situation im monarchistischen Konstrukt, dividierten sich die beiden spätestens mit Williams Schuleintritt in Eton auseinander. Aus dem Älteren wurde ein sich selbst beherrschender Staatsmann, während der Jüngere die weniger strenge Beachtung seitens der Öffentlichkeit für eine Rolle als disziplinloser Clown für sich zu nützen wusste.
Die Dokumentation lässt Biografen, Journalisten, Zeitzeugen, Royal-Experten und sogar eine Kinderpsychologin zu Wort kommen, die das schwierige Verhältnis und ganz besonderen Umständen abseits jeder Norm zu analysieren versucht. Harrys Biografie habe alle Grenzen gesprengt, sagt Tom Quinn, Buchautor von „Kensington Palace“, „egal was auch immer passiert. So etwas würden Royals niemals tun.“ Die royalen Pflichten und Vorzüge hat Harry für ein Privatleben in kalifornischer Freiheit mit Ehefrau Meghan Markle aufgegeben, während William standesgemäßer Thronfolger von Vater Charles bleibt und sich in der britischen Heimat ungebrochen hoher Beliebtheit erfreut.
Blut nicht dicker als Wasser
Von den „Fab Four“, wie die beiden Brüder samt Ehefrauen medial lange genannt wurden, bleibt nur die Erinnerung an bessere Zeiten und die Erkenntnis, dass Blut nicht immer dicker ist als das Leben und seine vielen Kurven und Abzweigungen. Harry wäre immer da gewesen, um Williams bester Freund zu sein. Bis sich herausstellte, dass er jetzt sein größter Feind sei. Journalistin Larissa Jegert ist sich sicher: „Vielleicht gibt es einmal eine Versöhnung aus Zweckgründen. Vater Charles müsste da als Vermittler auftreten.“ Bis es so weit ist, herrscht zwischen London und Kalifornien aber Eiszeit. Auch der Dokumentation fehlt ein bisschen an Herz und dargestellter Objektivität. Dass der kreuzbrave William das Liebkind der Macher ist, lässt sich jedenfalls nicht leugnen.
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