Google befindet sich in einer potenziell existenziellen Krise. Dabei ist die mögliche Zerschlagung des kalifornischen Internet-Konzerns nicht einmal die größte Gefahr. Die geht vom KI-Entwickler OpenAI aus, der mit „SearchGPT“ Googles Dominanz bei Suchen im Internet ein rasches Ende bereiten könnte.
Vergangene Woche hatte der US-Konzern im „Prozess des Jahrzehnts“ eine Niederlage erlitten. Ein Gericht bescheinigte dem Konzern aus dem Silicon Valley ein illegales Monopol, das es mit milliardenschweren Zahlungen an Technologiefirmen verteidige. Diese installieren im Gegenzug Google als Standard-Suchmaschine auf ihren Geräten oder in ihren Internet-Browsern, wodurch sich Google den Löwenanteil der weltweiten Ausgaben für Online-Werbung sichern kann.
In einem weiteren Verfahren soll nun über das Schicksal des Suchmaschinenbetreibers verhandelt werden, dabei gilt auch eine Zerschlagung des Konzerns als eine Option.
Allerdings scheinen die Tage derartiger Exklusiv-Vereinbarungen bereits gezählt. So greift der US-iPhone-Anbieter Apple, der bisher jährlich zweistellige Milliardenbeträge von Google erhalten hat, im Rahmen seiner KI-Offensive teilweise auf ChatGPT von OpenAI zurück und hat eine mögliche zusätzliche Einbindung von Googles KI „Gemini“ signalisiert. Nach Ansicht von Analysten könnten die Kartellverfahren gegen Google Apples Hinwendung zu alternativen KI-gestützten Suchmaschinen beschleunigen.
Eine davon könnte „SearchGPT“ sein, mit der OpenAI zum Angriff auf den bisherigen Branchenprimus bläst. Diese KI liefert den Angaben zufolge Zusammenfassungen der Suchergebnisse und dazugehörige Links. Nutzer könnten dann Anschlussfragen stellen. Daneben bieten inzwischen auch einige Start-ups KI-Internetsuchen an.
„Die größte Bedrohung für Google könnte Google selbst sein“
Zwar arbeitet auch Google an einer verbesserten Suche auf „Gemini“-Basis, bisher allerdings mit mäßigem Erfolg. „Die größte Bedrohung für Google könnte Google selbst sein“, warnt Rebecca Wettemann, Chefin des Research-Hauses Valoir. Der Konzern, über den Schätzungen zufolge bisher rund 90 Prozent aller Internet-Suchanfragen laufen, habe mit technischen Patzern viel Vertrauen verspielt. „Googles Ingenieure haben sich mehr auf schnelle Veröffentlichungen als auf die richtige Umsetzung konzentriert, während sie versuchten, mit dem Tempo von OpenAI und anderen mitzuhalten.“
Vor einiger Zeit hatte Google „Overviews“ vorgestellt, bei denen über den klassischen Suchergebnissen eine von der KI generierte Antwort eingeblendet wurde. Nach harscher Kritik wegen faktischer Fehler in diesen Texten wurde „Overviews“ wieder zurückgefahren. Bereits der „Gemini“-Vorläufer „Bard“ hatte mit diversen Patzern für Schlagzeilen gesorgt.
Analyst Gil Luria vom Research-Haus D.A. Davidson sieht eine Verbindung zwischen der Bedrohung durch KI und der verschärften Gangart der Behörden. „Ein Grund für das aktuelle Vorgehen des US-Justizministeriums ist die Bewegung, die in den Markt gekommen ist. Es will sicherstellen, dass Google seine Marktdominanz nicht weiter ausbaut.“
Türoffner für Konkurrenten
Das Verfahren habe bisher zwar kaum Auswirkungen auf Google, könne aber Konkurrenten eine Tür öffnen, sagt Richard Socher, der mit You.com eine eigene KI-gestützte Suchmaschine betreibt. Für einen Abgesang auf die Firma, die als Verb „googeln“ zum Synonym für das Suchen im Internet geworden ist, sei es aber noch zu früh. Bisher habe dem Konzern niemand größere Marktanteile abjagen können. Es bleibe abzuwarten, ob sich das bald ändere.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.