Die Biennale in Venedig ist eines der wichtigsten Kunstevents. Die Linzer Kuratorin Gabriele Spindler richtete gemeinsam mit Anna Jermolaewa den Österreich-Auftritt in der Lagunenstadt aus, wir haben darüber berichtet. In der „Krone“ zieht sie eine erste Bilanz.
Seit der Eröffnung am 20. April ist der Österreich-Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig jedes zweite Wochenende von Schwanensee-Klängen erfüllt. Die ukrainische Tänzerin Oksana tanzt dieses Ballett unermüdlich als Zeichen für einen erhofften Machtwechsel in Russland. Das ist nur ein brisantes Werk von Anna Jermolaewa, die den Pavillon in Zusammenarbeit mit der Linzer Kuratorin Gabriele Spindler gestaltete. Im „Krone“-Talk ziehen die beiden Zwischenbilanz.
„Krone“: Was wird Ihnen von der Biennale besonders in Erinnerung bleiben?
Gabriele Spindler: Wir waren beide von der Eröffnungswoche total überwältigt. Noch nie waren wir so intensiv mit der Vermittlung von Kunst beschäftigt – das war beglückend.
Anna Jermolaewa: Ich bin sehr beeindruckt von der Solidarität und dem positiven Feedback der österreichischen Künstlerkolleginnen und -kollegen zum Pavillon. Ich bekomme auch viele interessante internationale Anfragen – es ist aber noch zu früh, um darüber zu reden.
Mir kommt die Biennale heuer politischer vor als in den Jahren zuvor. Muss Kunst heute politisch sein?
Spindler: Wir leben in einer bewegten Zeit, das schlägt sich natürlich auch in der Kunst nieder. Aber Kunst muss meiner Meinung nach nicht zwingend zu aktuellen Ereignissen Stellung nehmen.
Glauben Sie, dass dieser Österreich-Pavillon – rückblickend betrachtet – herausragen wird?
Spindler: Wir haben durch die Rückmeldungen gesehen, dass Annas Kunst durch die Verbindung von persönlicher Erfahrung und politischer Botschaft unmittelbar ankommt und die Menschen berührt. Die Früchte unserer Arbeit sind also aufgegangen. Auch hat der Pavillon heuer besonders viel Aufmerksamkeit von internationalen Medien bekommen.
Glauben Sie, dass Kunst etwas verändern kann?
Spindler: Ich hoffe – und diese Hoffnung darf man sich nicht nehmen lassen.
Frau Jermolaewa, Sie werden im Herbst einen Residency Aufenthalt in Gmunden verbringen und ab 19. Oktober in der Galerie 422 Neues zeigen.
Jermolaewa: Ich habe erstmals 2009 in der Galerie 422 ausgestellt – und zwar auf Einladung von Peter Kogler, meinem ehemaligen Professor. Diese „Tradition“ wird nun quasi weitergeführt: Ich stelle gemeinsam mit Sarah Rinderer aus, einer ehemaligen Studentin von mir an der Kunstuniversität Linz.
Gibt es schon einen Titel?
Jermolaewa: Unser Arbeitstitel ist „Wechselnde Sicht“. Wir fordern auf, die Aufmerksamkeit auf sonst häufig Übersehenes, auf Leerstellen zu richten.
Info: Die Biennale in Venedig ist noch bis 24. November zu sehen.