Mit einer Groß-Demo vor dem Bischofshof in Eisenstadt brachten dutzende Landwirte ihren Ärger über die Neuverpachtung der Pfarrpfründe zum Ausdruck. Sie fordern ein Einlenken der Diözese, das dürfte aber unwahrscheinlich sein.
Gehupe, Sprechchöre und Sirenen aus dem Megafon: Mehr als 200 Landwirte und Unterstützer haben sich mit rund 50 Traktoren am Dienstagvormittag vor dem Bischofshof eingefunden, um gegen die Neuverpachtung der Pfarrpfründe zu demonstrieren und eine Petition mit 600 Unterschriften zu übergeben. Wie berichtet, sind viele Bauern aufgrund der Vorgehensweise des Bischofshofes aufgebracht. Die landwirtschaftlichen Flächen wurden überraschend neu verpachtet, die Preise stiegen durch das öffentliche Bieterverfahren.
„Kirche hat eigene Werte verraten“
Mit der Online-Bieterplattform habe die Diözese ein System geschaffen, das die Möglichkeit biete, Pachtpreise nach oben zu treiben, sagt Landwirt Mirko Gregorich aus Frankenau. „Die Kirche hat so gesehen ihre eigenen Werte verraten. Denn wenn man aufhört, mit den Menschen direkt zu sprechen, kann das nicht der christliche Weg sein“, sagt er und zeigt Zeitungsberichte her, in denen sich Papst Franziskus gegen Gewinnmaximierung bei Unternehmen ausspricht. Er sei selbst aktives Mitglied im Kirchenrat, so Gregorich. Das sei aber beim Bieterverfahren nicht berücksichtigt worden.
Acker ist keine Mietwohnung
Dass die Kirche 1200 Hektar im Burgenland neu verpachte, habe eine große Symbolwirkung nach außen, meint Landwirt Ernst Tschida aus Pamhagen. Nun würden auch die Privaten bei den Pachtpreisen nachziehen wollen. Dass in den neuen Pachtverträgen eine jährliche Anpassung nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) vorgesehen ist, kann er nicht verstehen. Es handle sich bei einem Acker ja nicht um eine Mietwohnung.
Landwirtschaftskammer will Nachdenkpause
Unterstützt werden die Demonstrierenden von Landwirtschaftskammer-Präsident Nikolaus Berlakovich. Man habe bereits mehrmals Gespräche mit der Diözese geführt, berichtet er. Dabei habe man erreichen können, dass vor allem burgenländische Bauern zum Zug kommen und dass das pfarrliche Engagement der Bauern ebenfalls in Betracht gezogen wird. Auch habe man sich gegen den VPI ausgesprochen. „Gestern haben wir noch vorgeschlagen, das Pachtsystem zu überdenken und neu aufzustellen, eine Nachdenkpause zu machen. Dem ist der Bischofshof leider nicht nachgekommen“, sagt Berlakovich. Er appelliere weiterhin, gemeinsam mit den Pächtern eine vernünftige Lösung zu erzielen.
„So objektiv wie noch nie“
Dass man sich noch einmal an einen Tisch setzt, dürfte aber unwahrscheinlich sein. Die Verträge für die erste Welle im heurigen Jahr - diese betrifft 105 Gemeinden – sind bereits verschickt. Für die restlichen 46 Gemeinden im kommenden Jahr habe man nicht vor, das System komplett zu ändern, erklärt Stefan Salzer, Leiter der Bauabteilung im Bischofshof. Den Unmut der Bauern kann man hier nicht verstehen. 60 Prozent der Flächen seien wieder an die Altpächter gegangen. „So objektiv wie jetzt war die Vergabe noch nie. Wir haben alle gleich behandelt“, betont Salzer.
Nicht nur Unzufriedene
Die Pachtpreise seien über Jahrzehnte nicht angepasst worden. Die Diözese habe zudem keine Preise vorgegeben, diese seien beim Bieterverfahren von den Bauern selbst gekommen. Die Diözese präsentiert auch zwei Landwirte, welche die Neuvergabe befürworten: Er verstehe die Aufregung nicht, meint Reinhard Puchas aus Jennersdorf. Eine öffentliche Ausschreibung sei heutzutage zeitgemäß. Neueinsteiger Alexander Küffer aus Riedlingsdorf hatte durch die Neuausschreibung die Möglichkeit, die Fläche seines Betriebs mehr als zu verdoppeln. Die Ausschreibung sei eine „super Sache“, meint er.
Hoch gepokert
Das sieht Tschida nicht so. Bei dem Bieterwettbewerb hätten viele junge Landwirte hoch gepokert. Er schätzt, dass diese nach ein paar Jahren die Gründe wieder zurückgeben werden. Bei den Preisen sei die Wirtschaftlichkeit nur mehr bei intensiver Fruchtfolge möglich. Die neuen Pachtpreise bewegen sich zwischen 150 und 700 Euro pro Hektar. Martin Schmit, Sprecher der Bauerngemeinschaft, fordert stattdessen eine Orientierung am Grenzpachtpreis. „Wir wollen faire Verhältnisse für alle.“
Geld für Priesterpensionen
Bei der Diözese betont man erneut, dass die Einnahmen aus den Pfründen der Absicherung der Pensionen für die Priester dienen. Dies umfasst 54 Pfarrer sowie die Rückstellungen für künftige Pensionierungen. Der VPI sei auch in den alten Verträgen enthalten gewesen, aber nie gelebt worden, so Salzer.
Warten vor dem Tor
Vor dem Bischofshof mussten die Protestierenden letztlich über 20 Minuten warten, bevor sie von zwei Vertreterinnen der Diözese empfangen wurden und ihre Unterschriftenlisten übergeben konnten. Das Gespräch war kurz. Er habe sich auch nicht mehr erwartet, sagt Schmit. „Es geht darum, ein Zeichen zu setzen, dass das, was die Diözese macht, nicht in Ordnung ist.“ Wie es nun weitergehe, werde sich zeigen. „So schnell werden wir keine Ruhe geben“, meint Schmit.
Laut Bischofshof gab es aufgrund der Neuverpachtung bisher fünf Kirchenaustritte.
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