Über ein Jahrzehnt sind die Missbrauchshandlungen durch Ex-Judoka Peter Seisenbacher her. Der mittlerweile 64-Jährige wurde bereits verurteilt, saß seine fünfjährige Gefängnisstrafe zum Großteil ab und ist nun auch wieder auf freiem Fuß. Der Prozess gegen den ehemaligen Sportler ist jetzt aber wieder Thema im Landesgericht Wien.
Jahrelang hielt Peter Seisenbacher die österreichische Justiz auf Trab: 2013 kamen die Missbrauchsvorwürfe gegen den zweifachen Olympiagewinner auf. Drei Jahre später setzte er sich in die Ukraine ab, konnte dort aber nach ein paar Monaten festgenommen werden. In einem öffentlichkeitswirksamen Prozess wurde der jetzt 64-Jährige 2019 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt – in seinem Judo-Verein kam es zu Missbrauchshandlungen.
Seisenbacher bereits enthaftet
Im November 2022 wurde der Ex-Judoka, nachdem er zweidrittel seiner Strafe abgesessen hatte, schließlich bedingt aus der Justizanstalt Graz-Karlau entlassen. Und trotzdem ist der Prozess nun Jahre später wieder Thema im Wiener Landesgericht. „Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten falsche Beweisaussage im bekannten Verfahren gegen Peter Seisenbacher vor“, leitet die Anklägerin ein.
Aussage oder Deutung?
Im Gerichtssaal muss ein 65-Jähriger Platz nehmen, der auch schon im Missbrauchsverfahren eine Rolle spielte – und zwar als Zeuge. Schon vor über einem Jahrzehnt gab der Mann, der ebenfalls aus der Judo-Szene kam, bei der Polizei ein Gespräch mit Seisenbacher zu Protokoll. Angesprochen auf die Missbrauchsvorwürfe habe ihm der ehemalige Profi-Sportler gesagt, dass die Opfer das „erlaubte Alter“ schon erreicht hätten. Im Prozess sechs Jahre später ruderte er schließlich zurück, gab vor dem Schöffensenat an, er habe lediglich Seisenbachers Mimik und Gestik in diese Richtung gedeutet.
Ich hab‘ nie gedacht, dass da noch was rauskommt nach meiner Zeugenaussage, weil ich den Peter als Sportsfreund sehr geschätzt habe. Wir waren immer korrekt.
65-Jähriger im Wiener Landesgericht.
Im Wiener Landl sieht sich der Pensionist aber keiner Schuld bewusst: „Ich hab‘ immer versucht, die Wahrheit zu sagen. Ich hab‘ nie gedacht, dass da noch was rauskommt nach meiner Zeugenaussage, weil ich den Peter als Sportsfreund sehr geschätzt habe. Wir waren immer korrekt. Das, was ich damals empfunden habe, habe ich so weitergegeben.“ An mehr könne er sich nach all der Zeit nicht mehr erinnern.
Verteidigung spricht von Nuancen
Fakt ist jedoch, dass sich seine Angaben bei der Polizei und jene vor Gericht im Missbrauchsprozess nicht decken, hält die Staatsanwältin fest – eine davon müsse falsch sein. Sein Verteidiger Bernhard Lehofer appelliert jedoch an Frau Rat: „Das ist eine Nuance, die man jemandem sechs Jahre später zugestehen muss. Das ist keine Falschaussage.“
Sie sieht das aber anders. In der Beweiswürdigung habe die Aussage des 65-Jährigen in großen Unterschied gemacht. Schließlich hätte sich das auch in der seitenlangen Urteilsbegründung gegen Seisenbacher widergespiegelt. Außerdem: „Ich glaube solche Details merkt man sich schon, wenn es um eine solche Anschuldigung, wie Missbrauch eines Kindes geht.“ Also fasst der „Sportsfreund“ des Ex-Judoka drei Monate bedingte Haft aus – nicht rechtskräftig.
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