Mariame Clément inszeniert Jacques Offenbachs „Contes d’Hoffmann“ – und schickt den Titelhelden wieder einmal auf ein Filmset. Die Rechnung geht nicht auf. Das Publikum sparte nicht mit Buhs. Dafür wurde Benjamin Bernheim als Hoffmann gefeiert.
Vorjahr setzte Christoph Marthaler „Falstaff“ in den Sand, indem er Verdis Oper als Filmdreh missdeutete. Heuer huldigt die Pariserin Mariame Clément diesem nervenden Regiemodeschrei und verpfuscht „Les Contes d’Hoffmann“: Filmregisseur Hoffmann, ein biederer Neurotiker, den #MeToo-Kämpferinnen nicht einmal ignorieren würden, bannt seine Weibergeschichten – und Hirngespinste – auf Zelluloid. Der Versager gebärdet sich als Star. Interessant? Nein.
Die drei im Werk aufregend schönen, tragischen Liebesepisoden werden da zu oberflächlichen Drehs, in denen die Beziehungstragödien mitsamt Leidenschaft, Wahn, Dämonie abhandenkommen. Da erschüttert in Julia Hansens indifferenten, grauen Bühnenbildern nichts. Offenbachs Fantasie, Pathos und Witz bleiben im Drehklischee stecken. Wo bleibt die Wutszene mit der Zerstörung der Puppe Olympia, wo der erschütternde mystische Tod Antonias?
Recht bieder klingt Salzburg-Debütant Marc Minkowskis Dirigat am Pult der hörbar genervten Wiener Philharmoniker. Sein Versuch, den Spagat zwischen Originalklangvorstellungen und Opéra fantastique zu schaffen, gelingt nicht. Dass er die Rezitativfassung wählte, ist gut.
Erfreulicher ist die Besetzung, die der fabelhafte französische Tenor Benjamin Bernheim als Hoffmann mit Wärme, Leuchtkraft, Noblesse im Timbre souverän anführt. Sopranistin Kathryn Lewek kämpft sich durch ihre Arien in der Originaltonart: mitunter virtuos, aber im Kraftakt zwischen Dramatik und Koloratureleganz wenig französisch.
Kate Linsey ist eine flott-amüsante Muse. Christian Van Horn singt als Dapertutto die erste Version der berühmten Spiegelarie. Sein Lindorf, Coppelius und Mirakel sind kaum dämonisch. Wie auch „Spalanzani“ Michael Laurenz. Solide: Marc Mauillon, Geraldine Chauvet, Jérôme Vernier. Oft unpräzise der Staatsopernchor.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.