Gewinner und Verlierer

Licht und Schatten im türkis-grünen Klimaplan

Innenpolitik
16.08.2024 06:00

Monatelang war er zwischen ÖVP und Grüne ein Streitpunkt – der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKPs), der von jedem Land an die EU-Kommission gemeldet werden muss. Die Zustimmung der Grünen zur Ernennung von Magnus Brunner zum EU-Kommissar hat nun den Durchbruch gebracht. Beide Parteien haben Abstriche gemacht.

Der NEKP stellt dar, mit welchen Maßnahmen jedes EU-Land das EU-weite Ziel einer 55-prozentigen Reduktion von Treibhausgasen bis 2030 erreichen will. Österreich hatte wegen der Uneinigkeit zwischen ÖVP und Grünen als einziges Land keinen Klimaplan nach Brüssel gemeldet. Es drohten Strafzahlungen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hatte im Oktober 2023 bereits mit einiger Verspätung und ohne Abstimmung mit der ÖVP einen Entwurf nach Brüssel geschickt.

Europaministerin Karoline Edtstadler rief diesen aber wieder zurück, weil er mit der Volkspartei nicht akkordiert war. Die EU-Kommission leitete daraufhin im Dezember 2023 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein.

Über das Dieselprivileg wird seit vielen Jahren gestritten. (Bild: Manuel Schwaiger/Krone KREATIV (Symbolbild))
Über das Dieselprivileg wird seit vielen Jahren gestritten.

Grüne verzichten auf Ziele für einzelne Sektoren wie Landwirtschaft
Die Grünen haben nun den Brunner-Deal zum Anlass genommen, um der ÖVP einen Kompromiss abzuringen. Der zweite Teil des türkis-grünen Pakts ist die neue Sicherheitsdoktrin, in der der Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 festgehalten wird.

Beide Regierungsparteien haben Abstriche gemacht: Die Grünen verzichten auf die sogenannten Sektorziele und die ÖVP bekennt sich zu einer Abschaffung klimaschädlicher Subventionen. Dazu gehören in erster Linie das Dieselprivileg (niedrigere Mineralölsteuer auf Diesel als auf Benzin) und das Dienstwagenprivileg (Betrieb können Kosten des Dienstwagens steuerlich absetzen). Das Dieselprivileg ist vor allem Landwirten ein Heiligtum. Die Sektorziele wiederum hätten für bestimmte Bereiche wie Landwirtschaft, Energiesektor, Verkehr verpflichtende Ziele vorgegeben. Dagegen haben sich vor allem die Bauern gewehrt.

Umweltschützer verlangen rasche Umsetzung
Die im Klimaplan festgehaltenen Maßnahmen sind freilich noch kein Gesetz, sie müssten alle noch beschlossen werden und das wird nicht mehr in dieser Legislaturperiode passieren. Die Grünen sind dennoch über die Einigung erleichtert. Auch von Umweltschutzorganisationen gibt es Lob, aber auch Forderungen. Der WWF verlangt eine ambitionierte und zügige Umsetzung der geplanten Maßnahmen in die Praxis.

„Österreich kann seine CO2-Reduktionsziele erreichen, muss dafür aber noch viele zusätzliche Maßnahmen beschließen. Besonders dringend sind Energiesparprogramme, der Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie mehr Natur- und Bodenschutz“, sagt WWF-Klimasprecher Reinhard Uhrig. Der WWF fordert daher eine groß angelegte Natur- und Klimaschutz-Offensive von der künftigen Bundesregierung.

Druck auf nächste Regierung
Adam Pawloff, Programmdirektor bei Greenpeace, begrüßt die Einigung. „Noch bleibt aber abzuwarten, was der Klimaplan inhaltlich kann. Eines ist klar: Das Problem muss an der Wurzel angegangen und Emissionen radikal eingespart werden. Dafür müssen klimaschädliche Subventionen gestrichen und klimafreundliche Mobilität gefördert werden. Wer stattdessen alles auf die Karte der Kohlenstoffspeicherung setzt, hat das Spiel schon verloren.“

Auch Fridays For Future nimmt die kommende Regierung in die Pflicht. „Unser Jahrzehnt ist das Entscheidende, um gutes Leben in Österreich zu sichern. Bis 2030 muss Österreich die eigenen Emissionen um knapp die Hälfte reduzieren. Egal wer in der Regierung sitzt, es besteht jetzt schon ein klarer Regierungsauftrag. Die kommende Regierung ist die letzte, welche das Erreichen der nationalen Klimaziele noch retten kann – wir stehen vor einer klimapolitischen Weggabelung. Darum braucht es jetzt im Wahlkampf einen Wettstreit der besten Lösungen“, so Fridays-For-Future-Sprecherin Emma.

Fridays For Future macht Druck auf die Politik. (Bild: Jennifer Kapellari)
Fridays For Future macht Druck auf die Politik.

SPÖ ortet schlechten Kompromiss
Ministerin Gewessler betont, dass mit dem Papier Strafzahlungen abgewendet und ein Fahrplan für die CO2-Reduktion erstellt wurde. „Wir nehmen den Schutz unseres Klimas ernst. Das wird man auch im österreichischen Klimaplan sehen. Wir werden unsere Ziele erreichen, Strafzahlungen vermeiden und unsere Lebensgrundlage schützen.“

Kritik kam von der SPÖ. Europasprecher Jörg Leichtfried: „Es ist wieder nur ein schlechter schwarz-grüner Kompromiss. Schon der letzte NEKP-Entwurf war nicht ausreichend und jetzt wurde er inhaltlich noch einmal abgeschwächt. Das heißt, im letzten Entwurf wurde das Ziel um 13 Prozent verfehlt und jetzt hat man auch noch einzelne Sektorziele rausgenommen. Somit bleiben uns Unsicherheit und Schlupflöcher. Das ist sowohl für den Klimaschutz als auch für die Unternehmen schlecht.“

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