Grüner Startschuss

EU-Renaturierungsgesetz ist in Kraft getreten

Politik
18.08.2024 17:31

Die EU-Renaturierungsverordnung ist seit Sonntag offiziell in Kraft. Sie hat in Österreich für heftige politische Diskussion und dicke Luft zwischen den Koalitionsparteien ÖVP und Grüne gesorgt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hatte in Brüssel dem Gesetz gegen den Willen des Koalitionspartners zugestimmt.

Die ÖVP nennt Gewessler eine Rechtsbrecherin und fordert ihren Rücktritt, Umweltschutzorganisationen und grüne Anhänger applaudierten hingegen. Der WWF fordert nun einen „Schulterschluss von Bund und Ländern”, damit Österreich in zwei Jahren einen guten Renaturierungsplan einreichen könne. Besonders wichtig seien eine ausreichende Finanzierung der Projekte, effiziente Strukturen und eine bessere Datenlage. „Österreich kann von einer vorbildlichen Umsetzung massiv profitieren”, sagt WWF-Biodiversätssprecher Joschka Brangs.

Salzlacken sollen Priorität haben
Wichtig sei ein konstruktiver Zugang. „Bund und Länder sollten die neue Verordnung als das sehen, was sie ist: eine einzigartige Chance, um den Schutz und die Wiederherstellung der Natur überall zu verbessern.“ Inhaltlich sollte Österreich laut WWF einen Schwerpunkt auf die Wiederherstellung intakter Flüsse, Moore und Wälder legen. Ein weiterer Fokus sollte auf besonders gefährdeten Lebensräumen liegen, wie zum Beispiel den Salzlacken im Osten Österreichs, deren Fortbestand bedroht ist. Zugleich sollte das Netzwerk der Natura-2000-Schutzgebiete verbessert und erweitert werden.

Moore sind sehr wichtig für das Gleichgewicht der Natur. (Bild: stock.adobe.com)
Moore sind sehr wichtig für das Gleichgewicht der Natur.

Für eine effiziente Umsetzung der Verordnung schlägt der WWF die Einrichtung einer zentralen „Koordinationsstelle Biodiversität” vor, die als Schnittstelle zwischen allen betroffenen Themen, Behörden und Interessengruppen dienen soll. Zugleich sollte es eine einheitliche Datengrundlage geben, die allen Beteiligten im Prozess zur Verfügung steht. „Das würde eine praxistaugliche und unbürokratische Umsetzung ermöglichen, weil es doppelte und dreifache Strukturen im Bund und in den Ländern verhindern würde”, sagt WWF-Experte Brangs.

Zusätzliche EU-Gelder abrufbar
Alle Mitgliedsstaaten müssen bis 1. September 2026 einen Wiederherstellungsplan vorlegen, der ihren Beitrag zu den Zielen des „Nature Restoration Law” darstellt. „Österreich kann mit einem fachlich fundierten Plan zusätzliches Geld aus dem EU-Budget abrufen und damit insbesondere auch Projekte im ländlichen Raum unterstützen. Das schafft dort Arbeitsplätze und zugleich natürliche Schutzmaßnahmen, die aufgrund der sich verschärfenden Unwetterfolgen ohnehin verstärkt werden müssen”, erklärt Brangs. 

117 Millionen Hektar kommen für Renaturierungsmaßnahmen infrage
Europaweit sollen laut dem „Nature Restoration Law” bis zum Jahr 2030 auf mindestens 20 Prozent der Fläche Maßnahmen gesetzt werden. Welche Projekte genau umgesetzt werden, können die Länder auf Basis der konkreten EU-Verordnung selbst entscheiden. Forscher aus Spanien und Portugal haben die Landgebiete des Kontinents untersucht und eine Fläche von rund 117 Millionen Hektar ausgemacht, die in Europa für umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen infrage kämen. Das entspricht knapp einem Viertel des gesamten Kontinents, wobei Weißrussland, Moldawien, Russland, die Ukraine und die Türkei in der Analyse nicht berücksichtigt wurden.

Die meisten Flächen im Norden
Bei den als geeignet eingestuften Flächen handelt es sich beispielsweise um Gebiete, die früher bewirtschaftet wurden, mittlerweile aber verlassen sind, oder wo der Mensch ohnehin kaum tätig ist. „Rund 70 Prozent der Flächen liegen daher im Norden Europas bzw. in Skandinavien“, erklärt einer der Forscher. „Die Bevölkerung ist dort sehr unregelmäßig verteilt, und es gibt große Gebiete mit Wäldern, aber nur sehr wenigen Menschen.“

Aktive oder passive Renaturierung
In einem nächsten Schritt wollten die Forscher klären, welche Art von Renaturierungsmaßnahmen in den jeweiligen Gebieten umgesetzt werden könnte. Dabei konzentrierten sie sich in erster Linie auf die dort beheimateten Tierarten. „Das Ziel wäre natürlich, dass der Mensch gar nicht in das Ökosystem eingreifen muss und sich die Natur sozusagen selbst reguliert“, erklärt ein Ökologe. Das nennt sich passive Renaturierung, bei der aktiven greift der Mensch in das Ökosystem ein.

Alexander Bernhuber (ÖVP) (Bild: NÖ Bauernbund/Gabriele Moser)
Alexander Bernhuber (ÖVP)

Kein Plan für langfristige Lebensmittelversorgung 
Kritik an der Renaturierungsverordnung kommt von der ÖVP. Die Verordnung könnte dazu führen, dass in Österreich weniger Tiere gehalten werden können und infolgedessen mehr Fleisch importiert werden muss, sagt der EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber. Außerdem fehle die Sicherstellung der Finanzierung. „Bisher verwies die EU-Kommission nur auf die bereits bestehenden europäischen und nationalen Mittel. Es darf nicht sein, dass Gelder, die unseren Bauern zustehen, im Bürokratie-Dschungel versickern oder in Nonsens-Projekte investiert werden.“

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