Wieder ein Fall von Selbstüberschätzung und mangelnder Tourenplanung: Die Bergrettung Innsbruck musste am Sonntagabend bei widrigsten äußeren Bedingungen eine vierköpfige US-amerikanische Familie vom Innsbrucker Klettersteig bergen. Die Alpinisten kamen völlig erschöpft nicht mehr weiter.
Was der Innsbrucker Bergrettungschef Bruno Berloffa gerade erst in der „Krone“ kritisiert hatte, bestätigte sich am Sonntag: Viele Touristen sehen in der Heimat tolle Bilder und Videos von den Bergen rund um Innsbruck und meinen, sie könnten diese Touren selbst bewältigen. Dass die Tiroler Berge rauer sind als in den PR-Beiträgen, müssen sie dann vor Ort feststellen.
Eine vierköpfige amerikanische Familie aus Boston (Vater 52, Mutter 48, Töchter 17 und 15 Jahre) fuhr am Sonntagvormittag mit der Nordkettenbahn auf das Hafelekar und lieh sich auf der Nordkette Klettersteigsets aus. Um 11 Uhr stiegen sie in den Innsbrucker Klettersteig ein, dessen ersten Teil sie beschreiten wollten.
Der Vater trug nur eine kurze Hose. Alle waren total erschöpft und schon unterkühlt.
Bruno Berloffa, Ortsstellenleiter Bergrettung Innsbruck
Bild: Alberto Bernasconi
Regen und starker Nordwind
„Im Internet ist die Gehzeit bis zum Kemacher mit drei bis dreieinhalb Stunden angegeben. Die Gruppe war aber erst gegen 17 Uhr dort“, schildert Bruno Berloffa. Die Wettervorhersage hatten die Amis wohl auch nicht genau studiert, denn bereits gegen 14 Uhr setzte im Raum Innsbruck Regen ein. Berloffa: „Dazu kam starker Nordwind.“
Die Konsequenz: Gegen 17 Uhr war das Quartett im Bereich Kemacher konditionell am Ende, dazu kamen die widrigen Wetterverhältnisse. Sie gerieten in Panik und setzten einen Notruf ab.
„Der Hubschrauber konnte wegen des Wetters nicht fliegen, so fuhren wir mit acht Einsatzkräften auf die Seegrube und gingen hinüber zum Langen Sattel unterhalb vom Kemacher, wo sich ein Notbiwak befindet“, schildert Berloffa den Einsatzbeginn. Die Bergretter stiegen in der Folge zu den Amerikanern nach oben und kletterten dann mit den erschöpften Alpinisten hinab zum Langen Sattel.
Schlechte Ausrüstung
„Sie waren für den starken Regen nicht ausreichend ausgerüstet, erschöpft, durchnässt und unterkühlt“, informiert der Bergrettungschef. So mussten die Einsatzkräfte die Amerikaner beim Biwak mit Rettungsdecken wärmen, dazu statteten sie sie mit zusätzlicher Kleidung aus.
Fußmarsch auf rutschigem Terrain
Dann begann der mühsame Fußmarsch auf rutschigem Terrain zurück hinüber zur Seegrube. Vor allem die Eltern befanden sich in einem sehr schlechten körperlichen Zustand. Dennoch gelang es den Einsatzkräften, das Quartett sicher und unverletzt zur Bergstation der Seegrubenbahn zu bringen. „Die Nordkettenbahn hat dankenswerterweise gewartet und uns gegen 21.30 Uhr nach Innsbruck gebracht“, sagt Berloffa. Als „Zusatzservice“ fuhren die Bergretter die erschöpften, aber unverletzten Amis noch ins Hotel.
Aus dem ursprünglichen Vorhaben der Töchter, den Montag im Kletterzentrum Innsbruck zu verbringen, wurde wohl nichts, schmunzelt der Bergretter.
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