Ein Steyrer hat in der Schweiz im Schlaf eine Telefon- und Roamingrechnung von mehr als 16.000 Euro zusammengebracht. Er hatte Glück, weil dahinter ein technisches Versagen des Anbieters steckte. Denn dieser müsste drei Warnungen schicken, ehe das Handy außerhalb der EU so richtig ins Geld gehen kann.
Der Urlaub war für einen Steyrer schon nach einer Nacht in den Schweizer Bergen vorbei – eine SMS hatte ihn geweckt: „Ihr Handy wurde sicherheitshalber gesperrt, da schon Kosten in der Höhe von 16.413, 55 Euro angefallen sind.“ Der Steyrer fuhr sofort heim, schlug bei A1 und dem Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Alarm. „Ich hatte ein Wochenpaket für Daten und Telefonie für die Schweiz um 17 Euro gekauft“, sagte der verdatterte Urlauber, der vor dem Schlafengehen nur einige WhatsApp-Nachrichten verschickt hatte.
60 Euro sind jedenfalls fällig
„Die rechtlich vorgeschriebene Sperre bei 60 Euro hat nicht gegriffen“, erklärt Konsumentenschützer Martin Walther. Diese ist weltweit vorgegeben. Eigentlich gibt’s drei Sicherheitsvorkehrungen: eine Warnung, wenn man 80 Prozent der Daten zu den 60 Euro Kosten erreicht hat, dann bei 60 Euro und, wenn man aktiv das Datenroaming nochmal einschaltet, bei 120 Euro. „Wenn man dann nochmal das Roaming aktiviert, ist man selbst schuld“, so Walther.
Der Mobilfunkbetreiber hat die Kosten für den Steyrer auf 60 Euro reduziert. Dieser Betrag ist, wenn man nach der Warnung das Datenroaming nicht wieder aktiviert, als Grenze eingezogen, die weltweit gilt. Deaktivieren Sie die Kostenlimits niemals!
Martin Walther ist Experte für Konsumentenschutz bei der Arbeiterkammer Oberösterreich
Zwischenlandung reicht schon
Die Konsumentenschützer hatten früher viel mehr Roaming-Fälle, aber seit der Einführung von „Roam-like-at-home“, bei dem man in der EU plus Norwegen, Liechtenstein und Island zu denselben Bedingungen wie daheim telefoniert und Daten nutzt, wurden sie weniger. Klassiker sind inzwischen Zwischenlandungen in der Schweiz oder seit dem Brexit in England. Wie der Fall einer Urlauberin aus Sankt Martin, die von Madeira – die Insel gehört zu Portugal und damit zur EU – über Zürich heimflog. Sie aktivierte in Zürich ihr Handy und erhielt eine Rechnung über 67,06 Euro. Diese Kosten waren durch automatische Updates und App-Verbindungen unbemerkt angefallen, wie auch beim Steyrer in den Schweizer Bergen – denn in der Schweiz kostet ein Gigabyte bis zu 14.900 Euro Roaminggebühr.
Seit Juni 2017 gilt „Roam-like-at-Home“ in der EU. Damit verwendet man sein Smartphone wie zu Hause. Andorra, Monaco, San Marino und Vatikan sind nicht in der EU, manche Betreiber behandeln die Gebiete gleichwertig – vorher informieren! Kostenfallen können auch nicht-terrestrische Netze bei Kreuzfahrten oder in Flugzeugen werden. Im Ausland die Mobilbox deaktivieren (##002# anrufen), sonst werden nicht angenommene Anrufe zum Auslandstarif auf die Mailbox umgeleitet.
Schon etwas billiger am Westbalkan
„Wir wissen gar nicht, was das Smartphone im Hintergrund alles macht“, mahnt Walther zur Deaktivierung des Datenroaming bei Reisen außerhalb der EU und auch wenn man grenznah unterwegs ist. Denn die Handys loggen sich automatisch ins stärkste Netz ein. Das kann etwa auch im Süden von Kroatien das Netz von Bosnien sein – auch Albanien, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Kosovo haben jetzt dieselbe Regelung –; hier sind für ein Gigabyte zwar auch 18 Euro fällig, im Vergleich zur Schweiz ist das aber ein Schnäppchen.
Falle Hintergrundaktualisierung
Wer das Handy auch außerhalb der EU dabei hat, sollte das Datenroaming abschalten. Oder, wenn man gezielt doch ins Internet gehen will, zumindest die sogenannte Hintergrundaktualisierung deaktivieren. Diese führt dazu, dass auch nicht aktiv genutzte Apps sich immer einwählen und Daten abrufen, um aktuell zu bleiben. Diese kann zu einem ungewollten massiven Datenverbrauch führen, ohne dass der Nutzer etwas davon hat. Wer in einer Grenzregion unterwegs ist, sollte jedenfalls die Roaming-Sperre für „außerhalb der EU“ aktivieren.
Achtung bei längeren Aufenthalten
Ist jemand länger im EU-Ausland und nutzt den österreichischen Handyvertrag kann übrigens vom Betreiber aufgefordert werden, wieder nach Österreich zu fahren und dort sein Handy zu nutzen. Denn es gibt Regelungen für den fairen Umgang, „die verhindern sollen, dass man sich etwa aus dem EU-Ausland günstige Handyverträge nimmt und diese dann nicht in diesem Land nutzt“, erklärt Martin Walther. Diese „Fair-Use“-Problematik kann etwa für Fernfahrer relevant werden oder für Urlauber, die sich eine längere Auszeit nehmen. Hier gibt es auch oft die Möglichkeit, dass man sich im Aufenthaltsland virtuelle Sim-Karten auf sein Handy bucht und dann mit diesen surft und telefoniert.
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