Bei Zwangsausweisungen

Jeder zweite Abgeschobene wurde zuvor straffällig

Nationalratswahl
25.08.2024 19:30

Bei kaum einem anderen Thema herrscht in der Spitzenpolitik, aber auch unter den Österreichern mittlerweile solch große Einigkeit, wie beim Thema Migration. Dennoch gibt es bei Abschiebungen hohe Hürden. Die „Krone“ hat sich die Problemstellungen und mögliche Lösungswege angesehen.  

Die Zahlen des Innenministeriums sprechen eine klare Sprache: Jeder zweite Asylwerber, der in Österreich zwangsweise abgeschoben wird, wurde hierzulande zuvor straffällig.

Wie zahlreiche Einsendungen, aber auch unsere am Sonntag veröffentlichte Umfrage belegen, sind hier strengere Regeln gefordert.

So laufen Abschiebungen

  • In der Regel wird versucht, die Menschen ohne Zwangsmittel außer Landes zu bringen.
  • Dadurch fallen weniger Kosten an, weil kein „Eskortteam“ (zumindest 3 Polizisten, Flugtickets für alle, Dienststunden, ev. Nächtigung usw.) gebraucht wird.
  • Kommt der Asylwerber dem nicht nach, wird er in Schubhaft genommen und dann mit Zwang abgeschoben.
  • Abgeschoben wird in die Herkunftsstaaten und auch in EU-Mitgliedsstaaten, in welchen bereits zuvor ein Asylantrag gestellt wurde. Das betrifft sehr oft Länder wie Rumänien und Bulgarien – da sie Teil der „Balkanroute“ sind.

Bei der Migrationsfrage wurde mit 86 Prozent die größte Übereinstimmung gemessen. Auch politisch fordern längst nicht mehr nur FPÖ und ÖVP, dass häufiger abgeschoben und strikter durchgegriffen wird. Aber wo liegen überhaupt die Probleme im Asylwesen?

Die „Krone“ hat sich das Thema näher angesehen:

  • Staat zahlt für „Starthilfe“
    Festzuhalten ist zunächst: Abschiebung ist nicht gleich Abschiebung. Das geht auch aus einer Anfragebeantwortung des Innenministeriums an die „Krone“ hervor. In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden 6553 Asylwerber außer Landes gebracht. Unterschieden werden muss in Abschiebungen mit (3473) und ohne (3080) Zwangsmaßnahmen. „Von den 3080 Abschiebungen ohne Zwangsmaßnahmen erfolgten 1809 staatlich unterstützt“, heißt es aus dem Ministerium. Satte 700.000 Euro flossen von staatlicher Seite unter anderem für „finanzielle Starthilfe“. Ein Umstand, der in der Bevölkerung nicht nur positiv gesehen wird. 
  • Experte für frühere Integrationsmaßnahmen
    Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der Österreichischen Asylkoordination, ortet Probleme in der aus seiner Sicht zwar legitimen, weil gewählten, aber doch überarbeitungswürdigen Integrationspolitik. „Man lässt die Menschen zu lange in den Asylunterkünften sitzen. In Tirol warten Asylwerber teils zwei Jahre auf eine Einvernahme“, weiß er. Konkret fordert er deswegen, bereits in der Grundversorgung mit Integrationsmaßnahmen wie Deutschkursen zu beginnen. Dafür brauche es „stärkere Investitionen“. „Mehr Abschiebungen alleine können nicht die Lösung sein. Neben früheren Integrationsmaßnahmen braucht es auch mehr Rückführungsübereinkommen“, weiß der Experte. 
(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com | Quelle: Innenministerium)
  • Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich
    Leicht zu erzielen sind solche Abkommen, vor allem mit Ländern wie Afghanistan, wo die Taliban regieren, natürlich nicht. Zumindest eine juristische Hürde wurde aber genommen. Erst im Juli entschied der Verfassungsgerichtshof, dass Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich wieder möglich seien. Demnach wurde die Beschwerde eines Asylwerbers im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass sich die Sicherheitslage seit Machtübernahme der radikalislamischen Taliban verbessert habe und der Mann über ein solides wirtschaftliches Umfeld verfüge. ÖVP-Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will nun in Gesprächen mit anderen EU-Ländern ausloten, wie eine Umsetzung funktionieren könne. Zusätzlich habe er das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) beauftragt, weitere Fälle aus Afghanistan zu überprüfen. Faktisch bleibt es aber kompliziert. Wie berichtet, gibt es auch bei der Abschiebung eines Mittäters im Fall Leonie noch immer entscheidende Hürden und offene Fragen.
  • Gespräche mit Nachbarländern
    Abhilfe schaffen könnten die Nachbarländer Afghanistans. Innenminister Karner führt bilaterale Gespräche mit Nachbarländern Afghanistans, um Abschiebungen über diesen Weg zu ermöglichen. Seit 18 Monaten wird im Innenministerium bereits an einer Lösung gefeilt. Ausreisen nach Syrien hat es – auch ohne Zwang – indes in den letzten Jahren bereits gegeben. Im ersten Halbjahr rund 150. Man ist um bessere Beziehungen zum syrischen Diktator Baschar al-Assad bemüht. 

Neue Ungewissheiten geben den Österreichern ganz allgemein viel zum Nachdenken. Die „Krone“ gab daher eine Umfrage in Auftrag, was die Landsleute am meisten bewegt. Neben dem Thema Migration sind auch Bildung, Lebenskosten und Genderwahn heiße Eisen. In den kommenden Wochen werden Sie auf krone.at und in der „Krone“ über weitere Problemaufrisse und Lösungsansätze informiert.

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