Neue Verhandlungsrunde

„Steinzeit-Pakt“: Sorge um raschen Mercosur-Deal

Politik
25.08.2024 22:00

Eine neue Verhandlungsrunde zum umstrittenen Mercosur-Pakt lässt die heimischen Bauern, aber auch Umweltschützer einmal mehr auf die Barrikaden steigen. Noch heuer könnte der Deal fixiert werden. Die ÖVP will auch auf nationaler Ebene entgegenwirken.

Wie berichtet, hatten die Gegner des Handelsabkommens Hoffnung geschöpft, nachdem Frankreichs mächtiger Präsident Emmanuel Macron den geplanten Deal im März bei einem Besuch in Südamerika als „sehr schlecht“ bezeichnet hatte. Jetzt aber macht der südamerikanische Staatenbund wieder massiven Druck: Von 4. bis 6. September sollen sich Verhandler der Union und der Mercosur-Staaten in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia treffen, um weitere Details auszufeilschen.

 Kritik am „Steinzeit-Pakt“
„Das Handelsabkommen soll heuer noch in trockene Tücher gebracht werden“, befürchtet Greenpeace-Chef Alexander Egit. Auch Bauernbund-Präsident Georg Strasser warnt einmal mehr: „Dieser Steinzeit-Pakt ist weit weg von der Realität. Ein modernes Handelsabkommen muss als oberstes Ziel haben, unsere Märkte zu schützen und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Land- und Forstwirtschaft aufrechtzuerhalten!“

Im Mercosur-Handelsabkommen sei nichts davon enthalten. Knochenharte Forderung des mächtigen Agrariers: Die EU-Kommission muss ein Zeichen für unsere bäuerlichen Familienbetriebe zu setzen und diesen Verhandlungen den Riegel vorzuschieben. In dasselbe Horn stößt der EU-Mandatar des Bauernbundes, Alexander Bernhuber. Der aktive Rinderzüchter vertritt die heimischen Bauern im Parlament und kämpft dort seit jeher gegen den Deal ein: „Wer es mit unserer klein strukturierten, nachhaltigen Landwirtschaft ernst meint, darf diesem Handelsabkommen niemals zustimmen. Wir werden alles dafür tun, dass es gar nicht erst zu weiteren Hirngespinsten dieser Art kommt.“

Nicht zuletzt dank einer breiten Kampagne der „Krone“ und dem beherzten Einsatz der bäuerlichen Vertreter konnte der politische Beschluss erwirkt werden, dass sich Vertreter Österreichs auf EU-Ebene stets gegen dieses schädliche Handelsabkommen aussprechen müssen. „Wir wollen das Nein zu Mercosur auch im nächsten Regierungsprogramm verankern“, geben sich Strasser und Bernhuber kämpferisch.

Indes deckt Greenpeace auf, dass jetzt alle Masken fallen: „Die deutsche Regierung möchte den katastrophalen Pakt, von dem sich vor allem die Industrie unseres Nachbarlandes fette Profite erhofft, auch gegen Frankreich und Österreich durchpeitschen.“ Nur ein Beweis: das Medium Table. Media berichtet in seinem letzten Agrifood-Newsletter wörtlich: In Berlin wird nicht ausgeschlossen, das ausverhandelte Mercosur-Abkommen notfalls auch ohne die Zustimmung der kritischen Staaten, neben Frankreich auch die Niederlande und Österreich, beschlossen wird. Mehr noch: Der exportorientierte Verband der Maschinenindustrie VDMA drängt die Kommission dazu, dass sie „endlich den Mut haben müsse , die Freihandelsabkommen voranzutreiben“ – notfalls auch gegen den Willen Frankreichs.“

Dazu soll ein Verfahrenstrick – das Splitting – her. Damit könnten die Vetos von Frankreich und Österreich ganz einfach umgangen werden. Ein demokratiepolitischer sowie umweltpolitischer Skandal! Im Klartext: Der EU-Mercosur-Pakt besteht aus zwei Teilen, einem zum Thema Handel und einem mit politischen Übereinkünften (dem sogenannten „Assoziierungsabkommen“).

Deutschland möchte „Spielregeln“ ändern
Die beiden Teile wurden auf Basis eines gemeinsamen Verhandlungsmandats, das die EU-Mitgliedstaaten Kommission erteilt haben, verhandelt. Die beiden Teile waren also immer als ein gemeinsames Paket gedacht und verweisen auch an vielen Stellen aufeinander. Da der politische Teil nationale Kompetenzen berührt, muss über das gesamte Abkommen einstimmig entschieden werden. Der abgesplitterte Handelsteil alleine wäre jedoch EU-Kompetenz. Damit würde eine Mehrheit für den Beschluss ausreichen. Um den Handelspakt durchzupeitschen, möchte Deutschland also die Spielregeln ändern und das EU-Mercosur-Abkommen aufteilen. Der Handelsteil könnte dann mit Mehrheit gegen den Willen Österreichs beschlossen werden und in Kraft treten. Damit würde die europäische Industrie ungeniert mehr Autos und Pestizide in Südamerika verkaufen, die südamerikanische Agrarindustrie mehr Agrargüter wie Fleisch, Zucker und Ethanol in Europa – mit all den daraus resultierenden katastrophalen Auswirkungen für den Regenwald und die heimischen Bergbauern.

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