Schubertiade

Ein begeisterndes Debüt und ein Publikumsliebling

Vorarlberg
26.08.2024 18:55

Die Sopranistin Golda Schultz gab am Samstag ihr Schubertiade-Debüt – und riss das Publikum regelrecht von den Sitzen. Am Sonntag spielte Publikumsliebling Francesco Piemontesi in Schwarzenberg – und er auch wurde bejubelt.

Golda Schultz, die in Bayern beheimatete Südafrikanerin, und ihr Begleiter am Klavier, der US-Amerikaner Jonathan Ware, warteten mit einem besonderen Programm auf. Lieder von Franz Schubert stellten sie solchen von komponierenden Frauen gegenüber. Sollte jemand bis dahin geglaubt haben, dass die Wiederbelebung von weiblichen Komponisten in erster Linie eine Modeerscheinung ist, so wurde er eines Besseren belehrt. Die Lieder Emilie Mayers (geboren 1812) etwa sind überaus differenziert, überraschen mit reizenden Fiorituren. Von Rebecca Clarke (1886 bis 1979) hörte man schaurig-schöne, ausdrucksstarke Gesänge in englischer Sprache, schließlich im zweiten Teil des Konzertes französische Lieder von Nadia Boulanger, die vor allem als Lehrerin prominenter Musiker des 20. Jahrhunderts bekannt ist.

In kluger und feinsinniger Folge wechselten diese so hörenswerten Stücke mit Liedern von Schubert ab – und auch mit diesen vermochte Golda Schultz zu begeistern. Ihr so farbenreicher Sopran kann wunderbar füllig klingen, vermag aber auch feinste Linien zu spinnen, wie etwa beim abschließenden „Nacht und Träume“. Mit welcher Sinnlichkeit die Sängerin bei „Gretchen am Spinnrade“ aus Goethes „Faust“ die Phrase „und ach, sein Kuss“ gestaltete, war allein den Besuch wert. Jonathan Ware am Klavier ist Golda Schultz ein sehr sensibler Partner, spielt differenziert und einfühlsam. Eine einzige Zugabe gewährten die beiden dem Publikum, das schier aus dem Häuschen war: eine Version des irischen Volksliedes „Sally Gardens“ von Rebecca Clarke.

Großer Jubel um einen „guten, alten Bekannten“
Am Sonntagnachmittag begeisterte der aus dem Tessin stammende Pianist Francesco Piemontesi. In einem Interview verrät er, dass er Gesang liebe und nicht zuletzt wegen der dortigen Dichte an Opernhäusern gerne in Berlin lebe. Nun bescheinigt man vielen Pianisten, dass sie „gesanglich spielen“, und das tut auch Piemontesi. Es ist aber nur ein Aspekt seiner großen Kunst, denn ebenso kann man seine Virtuosität rühmen, seine Anschlagskultur oder seinen Sinn für stimmige Phrasierung. Der sympathische Künstler scheint all das im kleinen Finger zu haben. So ist es möglich, dass er sein Publikum mitnimmt in metaphysische Sphären, dass er wirklich das Gefühl vermittelt, zum Wesenskern der Werke, die er interpretiert, vorzudringen. Beethovens wundervolle „Waldstein-Sonate“ eröffnete das Programm, dann folgte das Opus 109 des Meisters mit seinem schlichten und gesanglichen (!) Finalsatz.

Nach der Pause huldigte Piemontesi Franz Schubert – erst mit der vielschichtigen „Grazer Fantasie“ und dann mit den Impromptus D 935. Eine ganz neue Welt eröffnete er mit den Zugaben: Bachs Choralvariation „Wachet auf!“ und einem Menuett von Händel. Frenetischer Jubel auch für ihn!

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