Ein Neuwagen zum Preis eines Gebrauchten? Als der Sandero 2008 auf den Markt kam, war er eine kleine Revolution. Die rumänische Renault-Billigtochter setzt auf bewährte Clio-Technik unter einem sogar recht schicken Gewand – zumindest im Vergleich zur Limousine Logan. Mittlerweile ist der damals gut 7.000 Euro teure Sandero der ersten Baujahre auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden.
Karosserie und Innenraum: Auf 4,02 Meter Länge finden nicht nur fünf Personen Platz, sondern auch 320 Liter Gepäck, und das ganz ohne ausladendes Heckabteil. Werden die hinteren Rückenlehnen umgeklappt, stehen bis zu 1.200 Liter Fassungsvermögen zur Verfügung – ein guter Wert für einen Kleinwagen. Abstriche muss man allerdings bei der Innenausstattung, der Haptik und den Sitzpolstern machen. Die Sitze sind recht weich und bieten wenig Seitenhalt, das Armaturenbrett ist hart, die Schalter und Drehknöpfe grob und das Lenkrad ist nicht optimal zu verstellen. Die Belüftung bläst ungefilterte Luft in den Innenraum und der grobe Kunststoff dünstete zumindest anfangs penetrant seine Weichmacher aus.
Motor: Die Motorenauswahl für den kleinen Rumänen ist überschaubar, aber nicht schlecht. Als Basistriebwerk fungiert ein 1,4-Liter-Benziner mit anfangs 75 PS, den es auch mit Autogas gibt, ab 2009 einen leistungsgleichen 1,2-Liter-Benziner. Darüber rangiert ein 1,6-Liter-Benziner mit 87 PS, ab 2010 leistet der Motor 84 PS. Als Diesel stehen zwei 1,5-Liter-Vierzylinder mit anfangs 68 PS, später 75 PS und eine Variante mit 86 PS und ab 2010 mit 65 88 PS zur Wahl.
Die Renault-Motoren sind bewährt und zuverlässig, die Benziner sind allerdings etwas durstig, die sparsameren Diesel sind wegen der höheren Unterhaltskosten aber für die meisten Autofahrer auch nicht erste Wahl. Auch wenn sie so etwas wie Fahrfreude bieten und am besten zum groben Nehmer-Fahrwerk passen, das nicht nur die tiefsten Bodenwellen oder Schlaglöcher schluckt, sondern auch fast jeden Bordsteinrempler verzeiht. Richtigen Fahrspaß gibt es im Sandero nicht, dafür ist die unharmonische und unpräzise Lenkung verantwortlich, egal ob in Kurven oder auf langen Geraden.
Die grobe Technik hat weitere Nachteile, wie der TÜV-Mängelreport zeigt. Dort treten schon bei jungen Modellen nach drei Jahren ein zu großes Lenkungsspiel und Probleme mit den Antriebswellen auf. Vor allem eingerissene Manschetten machen dem Sandero früh zu schaffen. Interessenten sollten beim Blick unters Auto darauf besonders achten. Auch bei der Beleuchtungsanlage ist der Kleinwagen schlechter als der gleichaltrige Durchschnitt, oft sind die Scheinwerfer aber nur falsch eingestellt. Schlimm sieht es bei der Auspuffanlage aus, die selten länger als drei Jahre hält. Gut, wenn diese vorher erneuert wurde. Die Prüfingenieure kritisieren auch bereits nach drei Jahren eine schwache Bremswirkung an der Vorderachse. Ein aktuelles Bremsprotokoll bringt hier schnell Klarheit.
Ausstattung und Sicherheit: Wer Luxus und Komfort sucht, sitzt beim Dacia im falschen Auto. Doch neben der nackten Basis ohne Servolenkung und Seitenairbags (300 Euro Aufpreis) gab es von Anfang an die höheren Ausstattungsvarianten Ambiance und Lauréate, teilweise mit elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung und Radio. Klimaanlage, Metallic-Lackierung und Servolenkung, die nicht in der Basis erhältlich waren, konnten zumindest als Option bestellt werden. Seit 2009 gibt es den etwas höher gelegten Stepway, der mit ein paar Applikationen einen auf Geländewagen macht. In Puncto Sicherheit kann der Rumäne wenig überzeugen. ESP gab es weder für Geld noch gute Worte; beim EuroNCAP-Crashtest konnte der Sandero 2008 nur drei von fünf möglichen Sternen ergattern.
Qualität: Ein alter Handwerker-Spruch lautet: Über den Preis spricht man einmal, über die Qualität immer. Da hat man beim Sandero demnächst nicht mehr viel zu reden. Denn wenn schon nach drei Jahren Probleme mit Lenkung, Bremse und Auspuffanlage auftreten, sieht es nach fünf Jahren bestimmt noch düsterer aus. Zwar ist die Technik robust und die Verarbeitung insgesamt in Ordnung, die TÜV-Hauptuntersuchung schaffen aber nach drei Jahren nur 69,4 Prozent ohne Mängel – der Durchschnitt aller Autos in Deutschland liegt dagegen bei 81 Prozent. Jeder neunte Sandero fällt bereits durch. Das mag allerdings auch an mangelnder Pflege der Vorbesitzer liegen. Deshalb sollte ein genauer Blick in das Wartungsheft und auf den allgemeinen Zustand des Autos geworfen werden.
Fazit: Mit dem Sandero fahren alle gut, die ein Auto nicht als Statussymbol sehen und mit der einfachen Technik leben können. Fahrzeuge gibt es ab 3.000 bis 4.000 Euro. Der kleine Benziner mit 75 PS reicht für die Stadt allemal, die Basisausstattung ist aber keine Empfehlung, lieber Ambience oder Lauréate wählen, um wenigstens etwas Komfort genießen zu können.
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