Russlands Präsident Wladimir Putin besuchte am Dienstag die Mongolei. Das Land hat den Internationalen Strafgerichtshof anerkannt und müsste den Kremlchef verhaften. Tat es aber nicht. Moskau wird das als Sieg gegen den Westen verkaufen.
Eigentlich hätten für Russlands Präsident Wladimir Putin die Handschellen klicken müssen, als er gestern in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator angekommen war. Stattdessen gab es Blumen von Kindern und militärische Ehren, als er vom mongolischen Staatschef Uchnaagiin Chürelsüch empfangen wurde.
Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in Ukraine
Für Putin liegt ein Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vor. Und die Mongolei hat das sogenannte Römer Statut im Jahr 2000 unterschrieben und 2003 ratifiziert. Und hätte somit als Vertragspartner Putin verhaften müssen. Warum ist das nicht geschehen?
Für das Land ist die Situation zwar gewiss nicht angenehm, aber es grenzt an Russland und China, pflegt gute Beziehungen zu beiden Ländern und ist wirtschaftlich abhängig.
Die Mongolei wird als Begründung wahrscheinlich eine juristische Spitzfindigkeit heranziehen: „Sie werden sich wahrscheinlich darauf berufen, dass es unklar ist, ob diese Kooperationspflicht auch für Staatsoberhäupter von Ländern gilt, die den IStGH nicht anerkannt haben, wie etwa Russland“, sagte Völkerrechtsexperte Andreas Müller von der Universität Basel zur „Krone“. Jedes Mitglied des IStGH gibt die Immunität seiner eigenen Staatsoberhäupter freiwillig auf.
Sie werden sich wahrscheinlich darauf berufen, dass es unklar ist, ob diese Kooperationspflicht auch für Staatsoberhäupter von Ländern gilt, die den IStGH nicht anerkannt haben, wie etwa Russland.
Völkerrechtsexperte Andreas Müller von der Universität Basel
Wohl keine direkte Konsequenzen für Mongolei
Für den IStGH selbst ist der Fall allerdings klar, dass dies kein Hindernis für eine Verhaftung darstellt. Direkte Konsequenzen ihrer Völkerrechtsverletzung wird die Mongolei, abgesehen vom Reputationsschaden, allerdings keine zu befürchten haben, da der IStGH keine Exekutivgewalt besitzt. „Man tritt freiwillig bei. Und kann auch freiwillig wieder austreten. ‘Rausschmeissen‘ ist in dem Sinn nicht vorgesehen, außerdem trachtet der IStGH ja danach, dass er eher mehr Mitglieder bekommt, nicht weniger“, so Müller. Das sei typisch für das Völkerrecht: „Es ist ein Kooperationsrecht.“ Also auf die Zusammenarbeit aller angewiesen.
Besuch hat Kalkül
So unangenehm der Haftbefehl für Russland ist, so hat dieser Besuch in einem Mitgliedsstaat des IStGH Kalkül. Der Besuch wurde sorgsam vorbereitet und soll versuchen, dass international anerkannte Regelwerk zu delegitimieren und zu schwächen. „Russland stellt die Schlagkraft und die Relevanz der Internationalen Strafgerichtsbarkeit infrage“, sagt Müller. „Es würde mich nicht wundern, wenn dies nicht der letzte Besuch ist, den Putin in einem Land plant, das das Römer Statut ratifiziert hat. Etwa in Lateinamerika oder Afrika.“
Und sollten die sich ebenfalls weigern, Putin zu verhaften, dann hat der Internationale Strafgerichtshof tatsächlich ein Legitimationsproblem.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.