Vereitelte Anschlagspläne beim Taylor-Swift-Konzert in Wien, Messerattentat im Nachbarland Deutschland - der Terror ist zurück in Europa. Die „Krone“ fragte bei Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Geheimdienstchef Omar Haijawi-Pirchner nach, ob man die Sicherheitslage im Land noch im Griff hat.
„Krone“: Wie knapp sind wir an einem Massenmord an Swift-Fans vorbeigeschrammt, und mussten die Konzert-Absagen wirklich sein?
Karner: Eine Tragödie konnte durch die Polizei verhindert werden. Viele waren froh und dankbar darüber, dass der Veranstalter letztendlich diese Entscheidung getroffen haben.
Haijawi-Pirchner: Die Gefahr war sehr real, das zeigen auch die derzeitigen Ermittlungsergebnisse.
„Krone“: Bestseller-Autor Thilo Sarrazin sieht Deutschland als „Kampfgebiet“. Auch in Österreich herrscht die zweithöchste Terrorwarnstufe. Hat der Staat die Sicherheitslage noch im Griff, oder müssen wir mit der Gefahr von Anschlägen bei Großveranstaltungen leben lernen?
Karner: Gerade die letzten zehn Tage mit dem Frequency-Festival oder den Coldplay-Konzerten haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass wir weiter in diesem Land begeisterte Feste, wunderbare Konzerte, tolle Veranstaltungen feiern werden. Das werden wir uns von niemandem, schon gar nicht von islamistischen Extremisten, nehmen lassen.
Wir müssen uns über das Handy als Waffe unterhalten.
Innenminister Karner
Bild: APA/HELMUT FOHRINGER
„Krone“: So wie der Messer-Terrorist in Solingen war auch der Ternitzer IS-Fanatiker vorher nicht als radikaler Islamist am Radar der Sicherheitsbehörden. Wie soll man einsamen Wölfen auf die Spur kommen?
Karner: Das ist eine enorme Herausforderung. Wir müssen uns auch über das Thema Handy als Waffe unterhalten. Weil wir einfach sehen, dass die Radikalisierung zunehmend über soziale Medien stattfindet und nicht mehr, wie vor zehn Jahren, in erster Linie hier in Moscheen. Der mutmaßliche Haupttäter hat schon mit fünf Jahren sein erstes Mobiltelefon bekommen, bei allen drei Verdächtigen in U-Haft werden 17 Handys ausgewertet.
Haijawi-Pirchner: Ich denke, dass es einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz in präventiver und repressiver Hinsicht braucht.
„Krone“: Der Direktor des Schweizer Nachrichtendienstes spricht von bisher etwa 20 vereitelten Terrorplänen und 30 Festnahmen in Europa, mehr als im gesamten Vorjahr. Seine Ermittler seien ausgelaugt, müde. Wie ist die Situation bei uns?
Karner: Unser Personal ist motiviert, und umso erbärmlicher ist es eigentlich, dass es manche gibt, die dieser Polizei, die einen Anschlag verhindert hat, dann sofort mit der Kontrollkommission drohen.
Haijawi-Pirchner: Die geopolitischen Herausforderungen sorgen dafür, dass wir die Lage ständig evaluieren und auch am Personalaufbau weiterarbeiten müssen.
„Krone“: Hilft ein Messerverbot, oder nehmen Terroristen dann einfach einen Lkw oder ein Auto?
Karner: Ein von uns geplantes Messertrage-Verbot ist kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein, um manche zu entwaffnen. Und auch ein klares Signal zu setzen: So nicht, eine Machete etwa, die man im Baumarkt bekommt, ist eine Waffe!
„Krone“: Kann die DSN mit den derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten mit Attentäter-Netzwerken mithalten?
Karner: Die Polizei braucht neue Möglichkeiten zur digitalen Überwachung, und wir müssen alles dafür tun, dass sie diese bekommt. Auch gegen Widerstände aus der Verschwörungstheoretiker-Szene wie FPÖ-Chef Herbert Kickl & Co.
Haijawi-Pirchner: Wir tragen die hohe Verantwortung der Terrorismus- und Spionageabwehr. Es ist erforderlich festzulegen, was wir brauchen, um unsere Arbeit bestmöglich zu erfüllen
Wir sind international vernetzt und vertrauenswürdig.
DSN-Chef Haijawi-Pirchner
Bild: Imre Antal
„Krone“: Ist das Vertrauen befreundeter Nachrichtendienste nach der Razzia beim alten Staatsschutz BVT zurück?
Haijawi-Pirchner: Wir äußern uns ja als Dienst nie konkret zur Zusammenarbeit mit Partnern, aber wir sind international vernetzt und vertrauenswürdig.
„Krone“: Welche Antworten hat Gerhard Karner auf die großen Herausforderungen Asyl und Sicherheit?
Karner: Was wiegt’s, das hat’s. Wir müssen Dinge ansprechen, ohne zu übertreiben, aber auch ohne zu beschönigen.
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